Nach gutem Schlaf wachen wir doch früher auf, als gewünscht – der Jetlag hat uns wohl doch etwas erwischt – wir sind noch nicht richtig in der neuen Zeitzone angekommen. Immerhin beträgt der Zeitunterschied 7 Stunden.
Heute Morgen sehen wir, welch nettes Hotel wir gebucht haben. Es liegt auf einer Anhöhe am Stadtrand auf einem großen Grundstück. Obwohl wir in einer Großstadt sind, ist es hier ganz ruhig und beschaulich. Unser Frühstück nehmen wir im Freien auf der Terrasse ein. Andrea isst ein „american breakfast“ und ich lasse es mir nicht nehmen, gleich einmal das landestypische Frühstück mit „gallo pinto“ zu kosten: Reis mit Bohnen und Spiegeleiern.
Da kommt auch schon Michael, unser Ansprechpartner vor Ort von pura vida travel. Er gibt uns ein kurzes Briefing, und er ist auch bei der Mietwagenübergabe dabei, als ein (ebenfalls deutschsprachiger) Mitarbeiter des Autovermieters „Adobe“ uns unseren Suzuki zum Hotel bringt. Wir sind nicht in Eile und so ist es sehr angenehm für uns, noch ein wenig mit Michael zu plauschen, bevor wir uns auf den Weg nach Boca Tapada machen, unserem ersten Stopp auf unserer vierwöchigen Rundreise durch Costa Rica.
Wir nehmen nicht den direktesten Weg, sondern machen einen kleinen Umweg über Bajos del Toro, um dort einen imposanten Wasserfall anzuschauen. Die ersten Kilometer zur Stadt hinaus sind nicht gerade angenehm zu fahren. Es gibt immer wieder Staus und die Landschaft ist – erwartungsgemäß am Rande einer Großstadt – kein Genuss. Das ändert sich aber bald, als wir in die Berge kommen. Gäbe es keine Ortsdurchfahrten und schaute man sich die Bäume nicht etwas genauer an, könnte man fast meinen, man sei in der Schweiz oder im Allgäu. Kühe auf idyllischen Almwiesen! Typisch Costa Rica? Uns gefällt auf jeden Fall sehr, was wir sehen.
War es in der Ebene noch 33 Grad warm, so wird es zunehmend kühler, je höher wir kommen. Auch die Vegetation ändert sich wieder. Dann tauchen wir plötzlich in Wolken ein. Es ist neblig und nur noch 16 Grad „warm“ und schließlich fängt es auch noch an zu nieseln. Kurz bevor wir am Wasserfall Bajos del Toro ankommen geht der Niesel- in Sprühregen über und wir fragen uns, ob unter diesen Witterungsbedingungen die Wanderung zum Wasserfall überhaupt lohnt. Bald nach der Ankunft am Parkeingang hört der Regen auch schon wieder auf und Besucher, die gerade vom Wasserfall zurückkommen, ermutigen uns, die Cateratas Bajos del Toro anzuschauen.
Nach Entrichten der Eintrittsgebühr starten wir auf einen Rundweg, der uns durch urwüchsigen Nebelwald nach wenigen hundert Metern zu einem Aussichtspunkt führt, von dem aus wir das Wasser des Río Toro 90 Meter in die Tiefe eines ehemaligen Vulkankraters stürzen sehen. Es ist ein wahrlich spektakulärer Anblick, der sich uns hier bietet. Er macht Lust darauf, sich das Naturschauspiel aus der Nähe anzuschauen. Und so führt uns der Weg weiter durch den Nebelwald zu einer langen steilen Treppe, die hier in den Wald betoniert wurde. Stufe um Stufe geht es bergab und wir nähern uns dem Fuß des Wasserfalls. Die keuchenden Besucher, die uns entgegenkommen, „beeindrucken“ uns und es kommen bei uns zunehmend Zweifel auf, ob wir wirklich bis ganz unten gehen sollen. Als sich ein erneuter herrlicher Ausblick auf das stürzende Wasser auftut, sind wir uns schnell einig: schöner als jetzt gerade kann es nicht mehr werden. Also machen wir ein Selfi und sparen uns weitere Treppenstufen. Schließlich sind wir gerade (mehr oder weniger) genesen und noch nicht zu 100% körperlich wieder fit. Außerdem liegen auch noch knapp zwei Stunden Autofahrt vor uns.
Keine Frage: es war ein toller Tipp von Uli Roth, diese Strecke nach Boca Tapada zu nehmen und hier einen Halt zu machen. Die kleine, aber intensive Wanderung durch den Nebelwald, die herrliche Aussicht auf den Wasserfall und die erste Sichtung von Kolibris sind ein gelungener Einstieg in unsere Reise.
Steil führt uns die Straße nun weiter bergab in eine große hügelige Ebene, die sich bis zur Grenze nach Nicaragua erstreckt. Wir kommen durch eine landwirtschaftlich intensiv genutzte Region. Vor allem gibt es hier riesige Ananas-Plantagen. Irgendwann kommen wir durch das Städtchen Pital, danach liegen nur noch durch winzige Dörfer an der Strecke. Dann endet die Asphaltstraße und geht für die letzten Kilometer nach Boca Tapada in eine Schotterpiste über. Schlaglöcher und kindskopfgroße Steine als Straßenbefestigung lassen uns nur noch sehr langsam vorankommen. Schließlich treffen wir etwa um 16 Uhr in der Pedacito de Cielo Lodge ein. Wir machen es in unserem „Chalet Nr. 20“ bequem und bestaunen auf unserer Holz-Terrasse das Konzert aus Vogelgezwitscher, dem fernen Rufen von Brüllaffen, aus Froschquaken und dem Zirpen von Zikaden. Völlig neue Höreindrücke für unsere Ohren.
Zum Dinner gibt es als Vorspeise eine Gemüsesuppe und danach Fischfilets mit Kochbanane, Reis und Gemüse. Schmeckt alles sehr lecker.
Zurück in unserem Chalet merken wir mit Schrecken, dass im Zimmer noch immer tropische Temperaturen herrschen. Schwül-heiß ist es und Lüften bringt nicht viel. Gäbe es Moskitos, könnten wir gar nicht lüften, da die Fenster keine Insektengitter haben und es auch kein Moskitonetz gibt. Eine Klimaanlage? Fehlanzeige! Dann heißt es eben schwitzen unter dem improvisiert montierten selbst mitgebrachten Reise-Moskitonetz.
Als es in der Nacht anfängt zu regnen, trommeln die Regentropfen laut auf dem Blechdach. Als der Regen wieder aufhört hört es sich so an, als würden mindestens 50% aller nachtaktiven Tiere der Region auf unserem Dach Party feiern. Hitze, Lärm und Jetlag sind nicht gerade die besten Zutaten für einen erholsamen Schlaf. Aber irgendwie geht es dann doch …