Für heute haben wir uns in der Planung der Reise eine Fahrstrecke von knapp 300 km zugemutet. Wenn die Landschaft schön ist und abwechslungsreich und wenn wir gut vorankommen, was in Costa Rica nicht selbstverständlich ist, dann ist der Weg das Ziel. In dem Sinne haben wir auch eine Route gewählt, die ein paar Kilometer länger ist als die kürzest mögliche. Hätten wir uns für die kürzeste entschieden, dann hätten wir einen langen Streckenabschnitt von der Anreise nach Drake Bay wiederholt.
Damit wir nicht so spät am heutigen Ziel ankommen, starten wir bereits um 7:30 Uhr. Kein Problem, denn wir werden auch heute wieder einmal ohne Wecker früh wach, packen unsere Siebensachen zusammen, frühstücken auf der Terrasse (es regnet!), checken aus und los geht es.
Die erste Stunde bietet wundervolle landschaftliche Eindrücke. Die Straße ist gut zu befahren und es gibt wenig Verkehr. Bis Palmar Norte ist es die gleiche Route wie schon auf der Anreise. Wir „tanken“ dort am gleichen Geldautomaten unsere Barmittel auf und nehmen ab hier die alternative Streckenführung über die Straße Nr. 2, die uns für längere Zeit am Río Térraba entlangführt. Zunächst gefällt uns hier die Gegend nicht besonders gut. Das ändert sich, sobald wir tiefer in die Berge kommen. Vor und nach Buenos Aires (!) passieren wir große Ananas- und Zuckerrohrplantagen.
Die landwirtschaftlichen Fahrzeuge halten bisweilen den Verkehr auf und zwingen zu Überholmanövern.
Nach etwa 4 ½ Stunden Fahrzeit erreichen wir die Kantonshauptstadt San Isidro de El General, eine etwas größere, nicht gerade schöne Stadt mit viel Verkehr.
Ab hier geht es in vielen Kurven und Serpentinen auf einer optimal ausgebauten Straße bergauf, und zwar auf eine Höhe von 3350 m üNN. Eine Wolkenschicht lassen wir beim „Aufstieg“ unter uns. Leider gibt es – wie offenbar in ganz CR – keine Aussichtspunkte, die man anfahren könnte. Schade, denn hier gäbe es sicher den einen oder anderen tollen Ausblick. Die Landschaft erinnert jetzt eher an die Alpen – keine Ähnlichkeit mehr mit dem, was wir noch vor einer Stunde im Tal gesehen haben.
Unsere Tankanzeige bzw. Restkilometer-Anzeige fällt durch das stetige Bergauffahren dramatisch schnell ab. Bald wird uns klar, dass es ein Fehler war, dass wir in San Isidro nicht getankt haben, denn hier gibt es weit und breit keine Tankstelle! Zu unserem heutigen Tagesziel werden wir mit der verbleibenden Tankfüllung noch kommen. Sollten wir auch dort nicht tanken können, dann wird es übermorgen bei der Weiterfahrt „spannend“.
Für die letzten 10 Kilometer nach San Gerardo de Dota verlassen wir die perfekt ausgebaute Straße und biegen auf eine sehr schmale, etwas holprige Nebenstraße ein, die in engen Haarnadelkurven äußerst steil talabwärts führt. Wir verlieren auf wenigen Kilometern über 1000 Höhenmeter. Die Ortschaft San Gerardo ist nicht viel mehr als eine Reihe von Hotels, die sich an der Straße aneinanderreihen. Einen Ortskern und Infrastruktur gibt es hier nicht – also auch keine Tankstelle.
Nach knapp 6 Stunden Fahrt sind wir am Ziel. Schon beim Einbiegen auf den Parkplatz der Lauraceas Lodge sind wir sicher, dass wir eine tolle Unterkunft gebucht haben. Und das bestätigt sich bereits beim freundlichen Empfang und vor allem als wir unser Chalet betreten. Alles ist hier so stimmig und einfach nur schön! Wir fühlen uns sofort wohl an diesem Ort.
Neben dem Haus rauscht ein Wildbach; durch die großen Fenster blicken wir in eine herrliche Umgebung. In 200 m Entfernung gibt es einen Garten, der zur Lodge gehört, den wir nachher besuchen werden und die Speisekarte des Restaurants verspricht ein leckeres Abendessen.
Die Temperatur liegt jetzt am frühen Nachmittag bei 17 Grad, aber in der Sonne fühlt sich das doch deutlich wärmer an. Der Kontrast zum Waschküchen-Klima in Drake Bay in den letzten Tagen könnte nicht größer sein. Auf jeden Fall fühlt es sich gut an, die klare kühle Bergluft zu atmen und endlich einmal nicht zu schwitzen.
Bald eisen wir uns von unserem hübschen Chalet los, das wir am liebsten gar nicht mehr verlassen möchten, und machen einen Spaziergang durch den herrlich angelegten Garten des Hauses. Es fällt mir schwer, die Schönheit zu beschreiben. An einem Berghang wurde auf einem großen Grundstück ein kleines Paradies angelegt. Zwei Fischteiche im Tal sind von sogenannten „falschen Bananen“, blühenden Büschen, Farnen und Blumen gesäumt. An den Teichen vorbei führt ein schmaler Trail zwischen Bäumen in Serpentinen die Bergflanke hinauf. Wir bleiben alle paar Meter stehen. Nicht etwa, weil uns die Höhenluft zu schaffen macht, sondern weil es so viel zu entdecken gibt. Immer neue Pflanzen und viele Kolibris ziehen uns in ihren Bann und Andrea hat ungebrochenen Spaß daran, vieles davon zu fotografieren.
Nach 17 Uhr sind wir wieder in unserem Chalet und machen uns „ausgehfein“ fürs Dinner. Im Haupthaus der Lodge gibt es ein sehr schön gestaltetes Restaurant, das uns gleich beim Betreten sehr gut gefällt. Andrea isst als „starter“ Kroketten aus Kochbanane mit Guacamole und ich lasse mir eine Tomatensuppe aus geräucherten Tomaten schmecken. Zum Hauptgang gibt es für uns beide mit gebackener Forelle gefüllte Tacos. Als kleines Dessert bringt uns die Bedienung eine Kugel Avocado-Eis mit Karamellsoße. Das Dessert geht aufs Haus, weil es beim Check-in ein kleines Problemchen gab. Der Schlüssel wurde uns übergeben, obwohl das Chalet noch nicht fertig gereinigt war. (Das wurde natürlich umgehend nachgeholt). Das Abendessen hier im Restaurant der Lauraceas Lodge war – da sind wir uns sofort einig – unser bisher bestes Essen in CR.
Jetzt wird es Zeit zum Schlafengehen, denn morgen klingelt der Wecker um 4:45 Uhr, damit wir um 5:15 Uhr zu einer geführten Birdingtour gehen können. Wir wollen wieder „Jagd auf den Quetzal“ machen.