Heute haben wir die längste Fahrtstrecke dieses Urlaubs vor uns, um aus dem Hochgebirge an die südkaribische Küste zu gelangen. Costa Rica ist nur so groß wie das Bundesland Niedersachsen, aber wesentlich gebirgiger. Das spüren wir heute in den Talamanca-Kordilleren ganz deutlich, denn es gibt fast keinen Kilometer, der geradeaus geht, sondern eine Kurve reiht sich an die nächste und manchmal ist das Gefälle oder die Steigung sehr groß, so dass wir häufig in einen niedrigen Gang schalten müssen. So kommt es, dass unser „Reisehandbuch“ heute 6 Stunden Fahrtzeit ausweist.
Gleich nach Sonnenaufgang, noch vor dem Frühstück, begeben wir uns an einen Ort ganz in der Nähe unserer Unterkunft, den uns gestern Marino empfohlen hatte, falls wir noch eine weiter Chance haben wollen, den „Göttervogel“, den Quetzal, zu sehen. Der Tipp war ein Volltreffer, denn nach wenigen Minuten des Wartens taucht dieser wunderschöne Vogel auf und zeigt sich uns zunächst in einiger Entfernung (das Paar), dann von ganz nahe. Das Licht ist gerade ausreichend und die Entfernung gering, so dass Andrea erstmals gute Bedingungen für Quetzal-Fotos hat. Das „shooting“ dauert insgesamt 2 Minuten, denn länger hält sich der seltene Vogel nicht bei uns auf.
Also gehen wir nun zum Frühstück, das wieder sehr gut schmeckt. Um 8 Uhr sind wir mit Marino bei seinem Haus direkt in der Nachbarschaft verabredet. Freundlicherweise hat er sich bereit erklärt uns einen Kanister Benzin aus seinem Vorratstank abzugeben, damit wir nicht auf der einstündigen Strecke bis zur nächsten Tankstelle liegenbleiben. Gestern bei der Birding-Tour hatte ich ihn auf unseren fast leeren Tank angesprochen und er meinte, hier liegenzubleiben sei ein ernstes Problem. Aber er würde uns helfen und wir können daher vollig relaxed sein.
Mit dem zusätzlichen Sprit fahren wir nun ganz entspannt die steile schmale Straße durchs Tal hinauf zur Hauptstraße Nr. 2. Wir starten bei 2180 Höhenmetern und erreichen nach 9 km die 3000-er Marke. Danach geht es „geschmeidig“ auf der Nr. 2 zur Tankstelle, dann weiter über San Isidro zur Provinzhauptstadt Cartago. Mit seinen etwa 150.000 Einwohnern ist Cartago zwar keine Großstadt, aber das Durchkommen gestaltet sich dennoch „spannend“. Es gibt keine Durchgansstraßen oder gar Umgehungsstraßen, sondern der gesamte Verkehr wird durch die Straßen und Sträßchen der Randbezirke von Cartago geführt. Dort mischen sich die Fahrzeuge des Fernverkehrs mit denen des innstädtischen Nahverkehrs und verstopfen die engen Straßen. Wir finden das alles aber eher interessant als nervtötend.
Nun geht es wieder bergauf in Richtung Turrialba. Eine Biopause ist nun dringend erforderlich und bei mir stellt sich zudem ein Hungergefühl ein. Wie praktisch, dass wir mit der „Rancho del Macho“ ein nettes Lokal am Wegesrand entdecken. Wir löschen unseren Durst mit Papaya-Saft und mir schmeckt ein Sandwich gut.
In der Gegend hat ein LKW eine Stromleitung heruntergerissen, die nun in vielleicht 3 m Höhe quer über die Fahrbahn hängt. Kein Durchkommen mehr für die vielen LKW auf der Strecke. Den LKW-Stau passieren wir einfach auf der Gegenfahrbahn. Als uns dort Verkehr entgegenkommt, wird es eng, aber irgendwie kommen wir aneinander vorbei. Bis zu dem Moment, als wir auf die Straße Nr. 32 kommen – und das ist schon ein Großteil der Strecke – gefällt uns die Landschaft sehr gut. Wir erfreuen uns daran, uns einen weiteren Teil von Costa Rica zu „erfahren“.
Die Straße Nr. 32 ist auf zig Kilometer eine Baustelle und die Umgebung nicht gerade einladend. So vertreiben wir uns die Zeit mit Studien, was die abenteuerliche Verkehrsführung durch die vielen Straßenbaustellen betrifft. Von 4-spurig mit baulich getrennten Richtungsspuren wechselt man hier ohne Vorwarnung auf 2-spurig mit Gegenverkehr, Hindernisse tauchen unerwartet auf der linken Fahrbahn auf, Jogger und Radfahrer teilen sich die Fahrbahn mit uns, auch im 4-spurigen Ausbau, Ausfahrten kommen unangekündigt und zweigen rechtwinklig von der Hauptstraße ab usw., usw.
Nachdem wir an der Hafenstadt Puerto Limon vorbei sind, wird die Landschaft wieder schön und das Fahren macht wieder mehr Spaß, wenngleich es so langsam, aber sicher Zeit wird, anzukommen. Nach ziemlich genau 6 Stunden Fahrtzeit ist es dann soweit: wir biegen auf den Parkplatz des Hotels Banana Azul ein.
Das Zimmer, das wir gebucht haben, gefällt uns gut, aber uns stört der Lärm, den die Abluftanlage der Küche bereitet, enorm. Andrea bittet den Rezeptionisten um eine Lösung. Der bietet uns ein kostenloses Upgrade an, das allerdings den Haken hat, dass wir für die 4 Übernachtungen, die wir hier haben werden, zweimal umziehen müssen. Wir nehmen den Vorschlag an und wechseln vom Ocean-Zimmer Nr. 4 in die Howler-Suite. Die ist viel größer und schöner, hat eine riesige Veranda und liegt weiter vom lärmenden Küchen-Abzug entfernt. Mal sehen, wie die anderen beiden Zimmer in den kommenden Tagen sein werden.
Um uns von der langen Fahrt zu erholen, legen wir uns in die hoteleigenen Liegestühle am gerade mal 100 Meter entfernten Strand und genießen bei einem Cocktail den Anblick der sanften Brandung und die Weite des Ozeans.
Das Abendessen genießen wir im Restaurant unseres Hotels. Wir entscheiden uns für das Tagesmenü, das heute ein Mahi-Mahi-Fischfilet in Kapernsoße ist, mit vorangehendem Salat und Suppe vom Buffet. Sehr gut – aber etwas überteuert, finden wir.
Der letzte Abschnitt unserer Reise ist mit dem Aufenthalt in Puerto Viejo nun eigeläutet. Die vier Wochen neigen sich ihrem Ende zu und wir haben nun den Vorsatz, „Urlaub zu machen“, es also ruhig angehen zu lassen, zu relaxen und nicht mehr allzu viele Aktivitäten in das „Programm“ einzubauen.