Für birder gibt es an dieser Stelle eine Besonderheit: hier ist der einzige Ort in Namibia, an dem man den cinderella waxbill (Cinderellaastrild) sichten kann. Die Lodge bietet daher ein morgendliches bird watching an, also eine Wanderung, bei der man die Vogelwelt der Region erkundet und sich auf Jagd nach dem cinderella waxbill begibt. So auch wir. Nach einer gut durchschlafenen Nacht frühstücken wir gemütlich auf unserer campsite und freuen uns über die angenehme Temperatur (Anfang 20 Grad) und über den Besuch verschiedener Vogelarten an unserem Stellplatz.
Um 9 Uhr fährt uns Ndumbi, unser „Vogel-Führer“ mit einem alten Landcruiser wenige Kilometer in einem Trockenflusstal bergaufwärts. Er parkt den Wagen unter einem Schattenbaum und unser „walk“ beginnt. Wir wandern weiter bergauf im Trockenflusstal, steigen eine steile Schotterhalde hinauf, rutschen mehr oder weniger auf der anderen Seite des Bergrückens den Hang wieder hinunter und sind mehr als überrascht, plötzlich in einer Oase zu stehen. Es war für uns absolut nicht zu erwarten, dass in der unheimlich kargen, trockenen Landschaft, wie wir sie gestern bei der Anfahrt zur Lodge von der Straße aus gesehen hatten, solch ein verstecktes Juwel zu entdecken ist. Hier in den Bergen gibt es eine Quelle, deren Wasser in einer Art Bachlauf ins Tal fließt. Es ist nicht viel Wasser, aber was es ausmacht, ist enorm: es erzeugt ein großartiges Grün entlang des Bächleins, es wachsen Gräser und Binsen und das kristallklare Quellwasser zaubert Tümpel und kleine Teiche herbei. Die Bäume, die den Bachlauf säumen, tragen Laub. Rings herum, um diese Oase, sind fast alle Bäume kahl, am Boden nackter Fels oder Geröll, allenfalls ein paar verdorrte Grashalme. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Hätten wir auf dieser Wanderung keinen einzigen Vogel erspäht, selbst dann wären wir voll auf unsere Kosten gekommen.
Aber wir haben etliche für uns „neue“ Vögel gesichtet: die Carprußmeise, eine Graurückendommel (was macht die hier in den Bergen? Die gehört doch eher runter an den Fluss Kunene), ein Rüppelpapagei, ein Weißscheitelwürger, eine Bergammer, ein Erdschnäpper und fast ganz am Ende der Tour sogar den Cindarella Waxbill! Womöglich gab es sogar weitere Erstsichtungen. Das wird sich zuhause bei der Auswertung der Fotos herausstellen.
Ndumbi erzählt, dass er seit 16 Jahren für die Kunene River Lodge arbeitet und dass der frühere Besitzer ihn immer auf seine Vogelexkursionen mitgenommen hat und ihm das umfangreiche Wissen über die Vogelwelt am Kunene vermittelt hat. Seit vier Jahren macht er nun selbst die Führungen. Er macht sie sehr gut und scheint darüber auch etwas stolz zu sein. Als wir während der Wanderung zwei jungen Himba begegnen, die Ziegen hüten, ist ihnen anzumerken, wie verwundert sie darüber sind, dass diese komischen Weißen hier nach Vögeln in den Bäumen Ausschau halten.
Kurz nach 12 Uhr sind wir zurück im Camp. Hier beobachten wir, wie ein Nacktwangendrossling (Erstsichtung!) mit seinem Spiegelbild im Außenspiegel unseres Bushcampers kämpft. Einige freche Mevesglanzstare (Erstsichtung!) picken aus unserer Pfanne Reste vom Rührei unseres Frühstücks. (Alles andere Geschirr ist zu dem Zeitpunkt übrigens schon gespült :-).)
Im Schatten des riesigen Baums, unter dem unser Camper steht, ist es gut auszuhalten trotz der etwa 35 Grad im Schatten. Ich schreibe gerade diesen Teil des heutigen Berichts und Andrea versucht den Specht, den wir ständig in der Nähe klopfen hören, auf den Speicherchip ihrer Kamera zu bannen.
Zwei Stunden am Pool – exklusiv für uns, denn wir sind derzeit die einzigen Gäste der Lodge – sorgen für weitere Entspannung. Dann ein kleiner Spaziergang durch und um das Gelände der Kunene River Lodge, bevor wir mit Ndumbi, der jetzt unser „Kapitän“ ist, eine Bootsfahrt auf dem Kunene unternehmen. Wir sehen den einen oder anderen Vogel. Meist sind es aber „alte Bekannte“, Nicht so beim Madagaskarspint, den sehen wir heute zum ersten Mal. Allerdings ist er so scheu, dass er sich fast nicht fotografieren lässt. Der eigentliche Star dieser boat cruise ist aber die Landschaft. Im Hintergrund erheben sich hohe Berge, davor einige Vorberge, dann der breite Kunene, gesäumt von unterschiedlichsten Bäumen und Palmen. Einigermaßen exotisch, wenngleich wir auch immer wieder Vergleiche zu den heimischen Rheinauen herstellen.
So eine Bootsfahrt ist immer wieder großartig. Egal ob auf dem Kavango, dem Kwando oder dem Kunene. Wir genießen diese Touren sehr und freuen uns jedes Mal neu auf den Sonnenuntergang über dem Fluss. Ndumbi hat heute alles gegeben. Er ist ins eigentlich viel zu flache Wasser gefahren, um uns noch weitere Vogelsichtungen zu ermöglichen. Danach ist er mit Maximalgeschwindigkeit stromabwärts gefahren, um uns rechtzeitig zum Sonnenuntergang an die dafür geeignetste Stelle zu bringen.
Nach der Bootsfahrt werden wir schon vom Restaurant erwartet, denn wir haben für heute Abend ein Dinner gebucht. Es gibt Schweinebraten (schmeckt hier anders als in Deutschland), Rotkohl, Karotten und Kartoffelbrei. Zuvor einen Salat, danach eine Meringuetarte mit Eis. Lecker! Zum Essen haben wir einen Pinotage von Spier ausgewählt und sind angenehm überrascht, dass wir endlich mal einen gekühlten Rotwein serviert bekommen. Denn die weit verbreitete Pauschalaussage „Rotwein kühlt man nicht“ kann bei Raumtemperaturen von 30 Grad nicht gelten (weder in Afrika noch bei uns zu Hause:-) ).
Schon um 20 Uhr sind wir zurück am Camper, sitzen bei immer noch recht hohen Temperaturen vor unseren Laptops und schreiben den heutigen Blogbeitrag und selektieren die Bilder des Tages. Uns umgibt absolute Dunkelheit und die Geräusche einer subtropischen Nacht in Afrika. Einfach traumhaft.