5:45 Uhr: wir werden vom hundertfachen Gezwitscher der über unserem Zeltdach ausschwärmenden Webervögel geweckt. Keine Sekunde zu früh, denn gleich wird die Sonne aufgehen. Ich schnappe mir die Kamera, öffne die Luke unseres Campingmoduls und bin die nächsten 10 Minuten damit beschäftigt, die Köcherbäume mit dem Sonnenaufgang in Szene zu setzen und auf den Chip zu bannen.
Währenddessen bereitet Wolfgang unser erstes Camper-Frühstück vor: Rühreier mit Bacon, Marmeladenbrot und natürlich Kaffee. Beim Frühstück genießen wir den einmalig skurrilen Anblick der Landschaft um uns herum. Danach wird gemütlich abgewaschen, der Camper aufgeräumt und alles wieder zusammengeklappt.
Um neun Uhr treffen wir Giel an der Rezeption der Anlage und bekommen dort bereits erste Informationen über die Mesosaurus-Versteinerung, die er auf seinem 7000 ha großen Gelände vor 20 Jahren zufällig entdeckt hatte. Anschließend fahren wir wenige Kilometer durch die karge Landschaft, vorbei an einem seltsamen, grünlichen Bergkegel und legen nach wenigen Minuten unseren ersten Halt ein. Hier fällt zuerst das Grabmal eines 1904 von den Herero getöteten deutschen Schutztruppensoldaten auf. Wir erfahren von Giel einiges über die damaligen Geschehnisse in Namibia, bevor er uns einige Meter weiter den versteinerten Mesosaurus präsentiert. Zugegeben: ich hatte mir die Überreste dieses krokodilähnlichen Sauriers etwas imposanter vorgestellt, aber bei näherer Betrachtung faszinierte der etwa 30 cm lange „Negativabdruck“ (an Stelle der Knochen Hohlräume im Gestein) dieses Urtiers auf Grund seiner teilweise sehr filigranen Details. Während wir noch weitere Versteinerungen begutachten, erzählt uns Giel, dass Namibia nicht das Geld hat, um sein Gelände nach weiteren Urzeitfunden fachmännisch abzusuchen, aber dass ein deutscher Professor sich für entsprechende Forschungsarbeiten durch deutsche Spezialisten einsetzen möchte. Wir sehen es Giel an: damit würde ein Traum für ihn in Erfüllung gehen!
Wenige Fahrminuten weiter stehen wir wieder inmitten einer einzigartigen Köcherbaumansammlung (manche der Exemplare sind ca. 300 Jahre alt) und wir erfahren viel über die eigenartigen Fels- bzw. Gesteinsformationen. Zum Ende seiner knapp einstündigen Führung „spielt“ Giel wie auf einem Glockenspiel zwei Melodien auf einem dieser Dolerit-Felsbrocken! Auch wenn diese Darbietung bereits auf Youtube zu sehen ist: Wolfgang nimmt natürlich unsere eigene Version auf.
Nach einer kurzen, herzlichen Verabschiedung machen wir uns auf den Weg nach Keetmanshoop, einem kleinen Ort, ca. 30 km Richtung Süden. Tanken und Reifendruck wieder erhöhen steht an, danach noch ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Der Ort macht auf uns einen leicht „windigen“ Eindruck. Wir finden zwar eine Mall, der aber kein Lebensmittelladen angehört. Gegenüber begeben wir uns in einen Großhandel (der auch METRO heißt) und finden nur die Hälfte der benötigten Sachen und fahren daher nochmals quer durch den Ort zu einem Spar-Markt, den es leider nicht mehr gibt. Nachdem wir in einem anderen Laden endlich fündig geworden sind, versagt uns zu guter Letzt ein Geldautomat am Straßenrand die Auszahlung des laut Beleg abgebuchten Geldes. Keetmanshoop ist bei uns „unten durch“!
Unser Etappenziel für den heutigen Tag ist der Fishriver Canyon. Dahin ist es aber noch ein gutes Stück Wegstrecke. Als die Fahrt kein Ende zu nehmen scheint, fragen wir uns, ob der Blick in den Canyon das wohl wert ist. Mittlerweile fahren wir schon geraume Zeit auf einer Schotterpiste immer weiter südwärts. Plötzlich wird es grün. Das ist ein ungewohnter Anblick, da wir ja seit Stunden durch die Halbwüste fahren. Das unerwartete Grün liegt am Löwenfluss, der hier aufgestaut wird und zur Bewässerung von Weinfeldern und riesigen Dattelplantagen dient. Überqueren kann man den Fluss nicht, denn es gibt keine Brücke. Aber man kann ihn DURCHQUEREN! Das erste Mal, dass wir sowas machen. Hier ist es recht einfach, da die Fahrrinne betoniert ist.
Es ist schon gegen vier Uhr, bis wir die Aussichtspunkte am Fishriver Canyon erreichen. Vom Canyonrand schauen wir in die Tiefe und sehen unten keinen reißenden Fluss, sondern nur ein paar Pfützen. Kaum vorzustellen, dass dieser „Fluss“ diesen riesigen Canyon so tief ins Gestein eingegraben hat. Immerhin nimmt er für sich in Anspruch, nach dem Grand Canyon der zweitgrößte Canyon weltweit zu sein. Der Blick in die Tiefe auf die zahlreichen Flussschleifen ist wirklich beeindruckend. Wir stehen auf über 800 m Höhe und die Talsohle liegt bei 380 m. Pflanzenbewuchs ist hier so gut wie nicht vorhanden. Nur ein paar Kakteen bzw. Sukkulenten recken sich malerisch in die Höhe. Das einzige Grün im Panorama stammt von Gestein, das je nach Lichteinfall grünlich schimmert. Die location wäre bestens geeignet als Drehort für einen Sciencefictionfilm, wenn die Handlung auf einem fernen Planeten spielt.
Wir haben zwischenzeitig einen Bärenhunger bekommen. Darum gehen wir an unseren Camper zurück und essen ein paar Nüsse und Biltong. (Erfahrene Leser unseres Blogs wissen längst, was Biltong ist – andere können ja gerne dem Link ins Glossar folgen).
Noch eine weitere halbe Stunde Autofahrt (zurück Richtung Keetmanshoop) und wir erreichen das Canyon Roadhouse, unsere heutige Unterkunft. Den Sprung in den Pool zur Erfrischung haben wir uns verdient – und die Erfrischung haben wir auch bitter nötig. Unser Zimmer im Roadhouse gefällt uns gut und auch das Bett, denn die nächsten Tage werden wir ausschließlich im Bushcamper übernachten.
Gegen halb acht gehen wir Essen. Nicht nur das Außengelände des Roadhouse, auch der Innenbereich ist mit ausrangierten Oldtimern aller Marken, antikem Werkstatt- und Tankstellenzubehör gestaltet.
Natürlich bestellen wir hier Burger und Fries und sind sehr zufrieden mit unserer Wahl. Bei einer Tasse Espresso laden wir die Berichte und Bilder der letzten beiden Tage hoch, denn auch hier haben wir nur im Haupthaus Verbindung ins Netz.