Gruß aus Aus

Den heutigen Tagesbericht zu schreiben erfordert mehr Konzentration als bisher, denn die Webervögel, unter deren großem Nest wir mal wieder campieren, und deren unterhaltsames Clanleben lenken mich schon ziemlich ab.

Heute Morgen brechen wir nach einem leckeren, reichhaltigen Frühstück im Canyon Roadhouse gegen 8:30 Uhr auf. Unser heutiges Ziel ist die kleine Stadt Aus, die Luftlinie ca. 200 km in Nordwestlicher Richtung von uns liegt. Wir haben uns für die kürzere und komfortablere Strecke auf der C12 entschieden, die uns 1 ¼ Stunden zunächst zurück Richtung Keetmanshoop führt, anstatt die längere Strecke über den Ort Aussenkehr im Süden zu nehmen.

Kurz bevor wir nach links auf die B4 abbiegen, machen wir einen Stopp bei der „Naute Kristall Cellar and Destillery“, die sich der ca. 6 km langen Dattelpalmen- und Weinreben-Oase am Löwenfluss anschließt. Die Inhaber, Michael und Katrin Weder, ein Namibisches Ehepaar deutscher Abstammung, heißen uns in lupenreinem Deutsch willkommen. Den exzellenten Gin dieser Brennerei kennt Wolfgang bereits (geniales Geburtstagsgeschenk unserer Jungs), nun lernen wir noch weitere wunderbare Destillate kennen. Besser gesagt: Wolfgang probiert das meiste, ich „opfere“ mich fürs Fahren. Nebenher führen wir mit Katrin eine angeregte Unterhaltung, vor allem über die Auswirkungen von Corona auf deren Firma.


Nach gut einer Stunde fahren wir mit drei Flaschen leckeren Getränks weiter nach Aus. Auf der landschaftlich wirklich öden Strecke (graue Berge, graues Geröll, graue Ebenen) haben wir eigentlich zwei kurze Stopps geplant: in Seeheim und in Gobas. Ersteres entpuppt sich bei näherer Betrachtung als eine Ansammlung von lediglich 4 bis 5 Häusern, letzteres als nicht mehr existent. Also halten wir, nachdem die Landschaft 50 Km vor Aus immer farbenfroher wird, lediglich an zwei Rastplätzen, die aber mit gigantischen Aussichten punkten können, und erreichen unser Ziel gegen vierzehn Uhr.

Kurzer Stopp zum Tanken und ein paar Kleinigkeiten einkaufen in einem Lädchen, in dem es von den Wattestäbchen bis hin zu Autoreifen scheinbar alles gibt. Dann gönnen wir uns noch einen Cider bzw. Kaffee und als ich in der Kuchentheke eine „Black Forest“-Torte entdecke, muss diese natürlich probiert werden. Die Bedienung strahlt vor Stolz, dass sie uns eine Spezialität unserer Heimat servieren darf. Die Torte war wirklich lecker, wenn sie mit dem Geschmack einer SchwaKiTo auch nicht viel gemein hatte (das Kirschwasser fehlte 😉 ).

Circa einen Kilometer hinter Aus liegt die „Klein Aus Vista Desert Horse Campsite“, ein Areal  mit unterschiedlichen Unterkunftsformen, darunter auch 10 Campingplätzen. Wir bekommen die Nummer 6 zugeteilt, eine malerische Parzelle mit einem blühenden Kameldornbaum inklusive eingangs erwähntem Webervogelnest.

Nachdem wir uns auf unserem Plätzchen eingerichtet haben, verbringen wir die nächsten zwei Stunden mit Relaxen bzw. „Studium“ des Sozialverhaltens der Siedelwebervögel. Diese Vögel ähneln im Aussehen irgendwie unseren Spatzen, sind aber wahre Baumeister und ganz schön clever. Kurz nach unserer Ankunft pfeift ein Vögelchen ganz aufgeregt und fliegt immer vom Windschutzzaun zum Boden und zurück. Bei genauerem Hinsehen entdecke ich an dieser Stelle eine Schale am Boden und drüber einen Wasserhahn. Will mir der Vogel wirklich mitteilen, dass ich Wasser hineinlassen soll? Nachdem ich die Schale zur Hälfte gefüllt habe, dauert es keine Minute und eine ganze Vogelschar incl. zweier Streifenmäuse labt sich an dem kühlen Nass.

Während ich diese Zeilen tippe, ist ein ständiges „Kommen und Gehen“ am Vogelnest im Gange, incl. Fütterung der Jungtiere und Nestbauarbeiten. Einfach herrlich, diese Vögel zu beobachten.

Gegen 18 Uhr, rechtzeitig vor Sonnenuntergang, brechen wir zu einer kurzen Wanderung zum „Desert Horse Viewpoint“ auf. Die gelblichen Felsen um uns herum beginnen bereits langsam eine rötlichere Farbe anzunehmen. Wir genießen den Aufstieg und die sich darbietenden Ausblicke bis wir nach einer knappen halben Stunde den Aussichtspunkt erreicht haben. Richtung Westen breitet sich 600 Meter unter uns eine weite, mit malerischen Felsen durchzogene Ebene aus.

Wolfgang hat als geniale Begleitung des Sonnenuntergangs einen Gin-Tonic als Sundowner mitgenommen – eine tolle Kombination! Übrigens hat der Aussichtspunkt seinen Namen einer riesigen Abbildung eines Pferdes zu verdanken. Diese wurde von 2016 bis 2019 mit Steinen auf der Ebene zu Ehren der Wüstenpferde ausgelegt. (Dazu morgen mehr)

Nach unserer Rückkehr ins Camp (vier Plätze sind belegt), machen wir uns schnell ans Abendessen kochen. Es ist Eile geboten, denn es wird rasch dunkel und ziemlich kalt. Auch am Tag kamen wir über 23 Grad nicht raus, kein Wunder, denn wir befinden uns hier immerhin auf 1485 Meter über NN. Nach Lamm vom Grill und Gemüsenudeln begleitet von einem Glas südafrikanischem Rotwein, bereiten wir bereits um 21 Uhr unser Nachtlager im Camper. Denn wer weiß, wann uns die Webervögel morgen wecken werden…

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