Von Geparden bis zu Köcherbäumen

Heute Morgen klingelt der Wecker um sieben Uhr. Der „General“ holt uns mit dem Elektro-Golf-Cart ab, damit wir unser Gepäck nicht schleppen müssen. Wir haben um acht Uhr den Besuch auf der Geparden-Aufzuchtstation gebucht. Hier trainiert und betreut Goran, ein Exilschwede, sechs Geparden, die als Jungtiere ohne Mutter aufgefunden wurden und so nicht überlebensfähig gewesen wären. Unweit der Lodge befinden sich die eingezäunten Gepardengehege. Es ist staatlicherseits verboten, dass Geparden sich in Gefangenschaft vermehren, daher werden die Tiere gleichgeschlechtlich paarweise gehalten. Goran erklärt uns die Hintergründe und die Bedingungen der Tierhaltung. Er ist mit Leib und Seele für diese Geparden da und kümmert sich leidenschaftlich engagiert um sie. Andrea beweist Mut und füttert einen der Geparden „aus der Hand“. Goran versichert, dass dies zu 100% sicher sei. Trotzdem ist es ein komisches Gefühl den Großkatzen so nahe zu sein.

Nach dem Besuch bei den Geparden begeben wir uns zum reichlichen und leckeren Frühstück und nehmen um ca. zehn Uhr Abschied von der Bagatelle Game Ranch. Es war ein wunderbarer Aufenthalt und der perfekte Start in unseren Roundtrip. Besser hätten wir unsere Reise wohl nicht beginnen können.

Nun geht es 300 km auf schnurgerader asphaltierter – leider etwas schmaler – Straße nach Süden. Von Mariental an ist die Landschaft extrem eintönig und fast schön öde. Da der Pflanzenbewuchs nur noch sehr spärlich ist und wegen der seltsamen schwarzen Steinhaufen in der Umgebung sieht das Ganze ein wenig wie eine hunderte Kilometer lange Bauschuttdeponie aus. 🙂

Wir verlassen die B1 und es liegen noch 30 Minuten Schotterpiste vor uns, bis wir das Mesosaurus fossile bushcamp erreichen. Giel, der Eigentümer, ist nicht an der Rezeption. Ein Zettel an der Tür besagt, dass wir einfach die drei Kilometer 4×4-Trail zum Bushcamp fahren und es uns gemütlich machen sollen. Versuche, Giel anzurufen bleiben erfolglos. Egal!

Wir fahren also in die angegebene Richtung und staunen nicht schlecht, als wir an der Campsite ankommen: wir sind die einzigen Camper weit und breit und haben somit die freie Platzwahl. Die Entscheidung ist denkbar einfach, denn eine malerische Akazie inklusive nicht weniger malerischem Webervogelnest drängt sich förmlich als Traum-Stellplatz auf. Praktisch dabei ist, dass sie unweit des einzigen, recht kuriosen ablution block liegt.

Der Campingplatz befindet sich inmitten eines Köcherbaum-Waldes. „Wald“ sollte man dabei nicht allzu wörtlich nehmen. Locker verteilt über das Gelände stehen einige hundert Köcherbäume. „Bäume“ sollte man ebenso wenig wörtlich nehmen, denn bei dieser Pflanze handelt es sich um eine Aloenart, ein Sukkulent also und kein Baum. In der Nachmittagssonne – mittlerweile ist es ca. 15:30 Uhr – strahlen die Stämme der Köcherbäume in einer für eine Pflanze absolut ungewöhnlichen golden seidenmatten Farbe. Wir „klettern“ ein wenig zwischen den Felsen herum, die größere Teile des Bodens bedecken. Dabei schauen wir uns einen um den anderen Köcherbaum an und überlegen, welcher wohl für die Aufnahmen des Sonnenuntergangs das beste Vordergrundmotiv abgeben wird.

Danach haben wir ausreichend Zeit, den Camper richtig einzuräumen. Das erste Mal aufbauen ist gar nicht so einfach, wie es bei der Fahrzeugübergabe ausgeschaut hat. Wo war noch mal dies? Wie ging nochmal das? Das sind die Fragen, die wir uns jetzt mehrfach stellen und nicht immer zutreffend beantworten können. Aber irgendwann haben wir es dann geschafft.

Auf einmal taucht Giel, ein sehr netter älterer Herr, auf und wir unterhalten uns ein wenig – auf Deutsch. Da kaum Touristen unterwegs sind, kommt er nur morgens und abends mal am Camp vorbei, erklärt er seine Abwesenheit zwei Stunden zuvor. Morgen früh wird er uns den versteinerten  Mesosaurus zeigen und einige andere Sehenswürdigkeiten.  Darauf freuen wir uns schon jetzt.

Die Sonne nähert sich dem Horizont. Also gehen wir ein paar Schritte und Andrea fotografiert die untergehende Sonne mit einem malerischen Köcherbaum davor. Es herrscht eine fantastische Stimmung. Das Licht, die Ruhe, die Farben, die Felsen, die Köcherbäume: unglaublich!

Ein lauer Wind bläst. Es ist stockdunkel. Keine Menschenseele weit und breit. Wir sind völlig allein unter dem sternenklaren Himmelszelt. Als einzige Camper verbringen wir heute die Nacht im Mesosaurus fossile bushcamp. Nach dem ersten selfmade Abendessen mittels Camperküche und Grill – Boerewors und Chakalaka – schreibe ich nun diesen Tagesbericht und bin ganz verzaubert von unserem ersten Abend als Camper.

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