Zusammen mit Karla sitzen wir am Frühstückstisch und wir genießen nicht nur den guten Kaffee und das üppige Frühstücksbuffet. Wir sind die einzigen Gäste der Lodge, daher kann sich Karla exklusiv um uns kümmern und sich mit uns unterhalten.
Rund um die Lodge fliegen viele Arten von Vögeln herum und ich versuche, den einen oder anderen zu bestimmen. Besonders auffällig sind die Graulärmvögel und die Paradiesschnäpper.
Nun heißt es Abschied nehmen von dieser gastfreundlichen und wundervollen Lodge, um nach Norden, an die Grenze zu Angola an den Kavango-Fluss zu fahren. Das ist eine Etappe von ca. vier Stunden Fahrtzeit, was uns aber nicht davon abhält, nach einer halben Stunde die Fahrt zu unterbrechen, um eines der wenigen Weingüter Namibias zu besuchen. Sowohl die Tatsache, dass wir am Farmgate vorbeifahren und den Betrieb zunächst gar nicht finden, als auch der abenteuerliche Zufahrtsweg zeigen, dass es sich um einen sehr kleinen Winzer handelt, der nicht oft besucht wird.
Umso mehr freut sich Lelani, die Schwester des Winemakers Gilmar, dass wir ihre Weine verkosten wollen. Von außen unscheinbar und nicht besonders einladend zeigt sich das Gebäude innen geschmackvoll afrikanisch eingerichtet. Lelani präsentiert nicht nur engagiert ihre Weine, sondern berichtet davon, was es bedeutet Pionier in Sachen Wein in diesem Land zu sein. Schließlich kommen wir von Wein auf andere Themen, wie z.B., dass sie als Feministin in der – wie sie meint – von Chauvinisten geprägten namibischen Gesellschaft nicht heiraten wird. Nicht nur die Weinprobe und die leckere „kleine“ Vesperplatte sorgen dafür, dass wir uns auf dem Weingut Thonningii anderthalb Stunden aufhalten.
Jetzt heißt es aber weiter! Sonst kommen wir viel zu spät an der Hakusembe Lodge an. Eine schnurgerade Straße führt drei Stunden lang nach Nordosten, Richtung Rundu. Ab dem vet fence beginnt das „richtige“ Afrika – „Schwarzafrika“ hatte es Karla heute Morgen genannt. Und in der Tat: mit dem Passsieren des Seuchenschutzzauns säumen Dörfer die Straße, die völlig anders anmuten als die im Süden. Hier leben die Menschen in strohgedeckten Hütten, immer mehrere davon in einem kleinen umzäunten Gelände. Mehrere dieser Einfriedungen ergeben eine community. An einem Brunnen mit Handpumpe holen die Einwohner Wasser mit Kanistern und tragen diese in ihre Behausungen. Am Straßenrand werden Früchte, Brennholz und Töpferwaren angeboten. Kinder spielen vor ihren Hütten, unter Bäumen sitzen Gruppen von Erwachsenen im Schatten. Für uns ist all dies ein gänzlich ungewohnter Anblick.
Schnell vergeht die Zeit, bis wir bei Hakusembe Lodge & Camping eintreffen. Gerade rechtzeitig, um noch eine Sundowner-Boatcruise zu unternehmen.
Bernhard schippert uns mit seinem Motorboot den Kavango entlang, zeigt uns kleine Krokodile, die sich am Ufer sonnen, und eine Vielzahl von Vögeln, darunter der Giant Kingfisher! Als die Sonne über dem Kavango untergeht, sorgen die letzten Sonnenstrahlen für eine farbenprächtige, romantische Stimmung. Hierzu passt das Glas „Champagner“ besonders gut, das uns Bernhard anbietet!
Es ist unglaublich, wie sehr Wasser alles verändert: rundherum ist alles grün! Welch ein Kontrast zu den letzten 20 Tagen, die wir in Gegenden verbrachten, in denen Wasserknappheit das Land dominiert und eine lebensfeindlich Umgebung schafft. Der Kavango ist neben dem Oranje im Süden der einzige dauernd fließende Fluss in Namibia. Alle anderen „Flüsse“ in Namibia fließen nur alle paar Jahre und dann auch nur für wenige Tage. Ein Blick von der Terrasse der Lodge über den Fluss hinweg und es ist klar: hier sind wir in einem völlig anderen Namibia als zuvor, nämlich im tropischen, grünen Namibia.