Heute steht eine besondere Aktivität auf dem Programm, auf die wir uns schon seit langem freuen und auf die wir sehr gespannt sind: nämlich eine Begegnung mit dem Volk der Himba. Es gibt noch etwa 25.000 Vertreter dieses (früher) halb-nomadischen Stammes in Namibia. Die aller meisten davon leben hier im Kaokoveld. Unser „Gastgeber“, Marius, geht davon aus, dass etwa 7.000 von ihnen noch nach den alten Traditionen leben, zum Teil noch so ähnlich, wie vor hunderten von Jahren. Marius bietet seinen Gästen eine Begegnung mit den Himba in einem nahegelegen Dorf an. Ich hatte bei der Reiseplanung gelesen, dass er das ganz besonders gut macht. Dass er sehr gut ihre Sprache Otjihimba spricht, ist natürlich ein ganz entscheidender Vorteil. Das Wichtigste aber ist, dass er die Himba nicht als „Exoten“ vorführt.
Und es ist dann auch tatsächlich so. Marius hat auf seinen uralten Bakkie einige Säcke Maismehl und eine Axt geladen. Andrea und ich setzen uns ebenfalls auf die Ladefläche. Nun wissen wir auch aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, auf diese Art chauffiert zu werden. Oft genug haben wir das ja in den letzten Tagen auf den Pads Namibias gesehen.
Als wir nach vielleicht einer halben Stunde Fahrt im Himbadorf ankommen, führt uns Marius ein bisschen herum, spricht mit den Leuten, die er alle sehr gut kennt und gibt ihnen die mitgebrachten Lebensmittel. Dass wir ihn bei seiner Versorgungsfahrt begleiten, scheint fast nebensächlich. Natürlich kennen die Dorfbewohner den „deal“: wir bezahlen die Tour, Marius übergibt von einem Teil der Einnahmen gekaufte Lebensmittel und wir dürfen die Himba ein wenig kennenlernen und fotografieren. Aber alle scheinen damit äußerst zufrieden zu sein. Nach jedem Foto möchte die Fotografierte (meist sind es Frauen) gerne das Bild sehen. Aber auch den Kindern macht das sichtliche Freude. Männer gibt es übrigens fast keine im Dorf.
Es schockiert uns nicht, denn dazu haben wir in den letzten Tagen schon zu viele Himbasiedlungen von der Straße aus gesehen, aber es stimmt uns doch mehr als nachdenklich, die Lebensbedingungen der Leute aus nächster Nähe mitzuerleben. Sie sitzen auf dem steinigen Boden an den wenigen halbschattigen Stellen des Krals vor ihren Hütten oder unter einem Strauch, kochen Maisbrei, während Hühner und Ziegen zwischen ihnen herumlaufen. Maisbrei, Ziegenmilch und -fleisch, sowie Hühnerfleisch sind die einzigen Nahrungsmittel der Himba. Hier wachsen keine Früchte, hier gedeiht kein Gemüse. Dass man trotz so einseitiger Ernähren einigermaßen gesund bleiben kann, wundert uns sehr. Weniger überrascht es dabie jedoch, dass wir quasi niemals eine(n) alte(n) Himba gesehen haben.
Die Dorfbewohnerinnen laden nun leere Kanister auf die Ladefläche des Toyota, eine Himbafrau steigt mit auf und wir fahren ins nächste Dorf. Auch dort stellt Marius uns einigen Himba vor. Dort läd uns eine der Frauen in ihre Hütte ein und zeigt uns, wie die traditionelle Hautfarbe der Himbafrauen zustande kommt. Butter wird mit einem Harz und eisenhaltigem Gesteinsmehl vermischt und am ganzen Körper aufgetragen. So entsteht die rostrote Farbe, die das Schönheitsideal der Himba verlangt, die aber sicher auch gegen die gnadenlos sengende Sonne und womöglich auch gegen Insekten hilft. Uns bemalt die Frau nicht komplett mit der „Farbe“, sondern macht uns zu Demonstrationszwecken einen Fleck davon auf den Arm.
Traditionell lebende Himbafrauen waschen sich nie, außer nach der Geburt, vor der Hochzeit und nach dem Tod, habe ich gelesen. Und so auch die Frauen, die wir besuchen. Dem so entstehenden „Geruchsproblem“ begegnen sie damit, dass sie Kräuter anzünden und sich an den „kritischen Stellen“ damit einräuchern. Den Erfolg dieser Maßnahme beurteilen wir gerade als „nur bedingt wirksam“.
Die Frauen in diesem Dorf haben einen kleinen Markt aufgebaut, denn sie wollen uns selbst hergestellte Gegenstände verkaufen: geschnitzte Figuren, Armbänder, Halsketten, Kalebassen, Schuhe und vieles andere mehr liegen auf alten Plastiksäcken ausgebreitet auf dem Boden. Andrea ersteht eine Halskette aus Straußeneierschale und einen kleinen geschnitzten Elefanten.
Gegen Bezahlung eines nicht ganz geringen Betrags, wollen die Frauen einen traditionellen Tanz darbieten. Auch diese Gelegenheit, ihnen ein kleines Einkommen zu ermöglichen, nehmen wir gerne wahr. Trotz der Affenhitze scheinen die Frauen gar nicht aufhören zu wollen, zu klatschen, zu singen und zu tanzen.
Auch in diesem zweiten Dorf nehmen wir leere Wasserkanister und weitere Frauen auf der Ladefläche mit. Marius fährt zum nächstgelegenen Brunnen und die Frauen füllen dort die Kanister. Sie werden dabei von den Rindern, die die Tränke ebenfalls nutzen als auch von den Männern, die wenig Interesse zeigen, ihnen beim Kanister Schleppen zu helfen, beäugt. Eine der Frauen macht den Männern dann doch klar, dass ihre Mitarbeit angesagt sei, was diese dann zu einer leicht widerstrebenden Unterstützung veranlasst. Nachdem die vielen 25-Liter-Kanister gefüllt und verladen sind, fahren wir diese in die beiden Dörfer zurück. Ein Schubkarren und ein Rechen, den Marius den Leuten in diesem Dorf ausgeliehen hatte, nehmen wir wieder mit zurück ins Camp.
Eine der Frauen hat Marius darum gebeten, sie und ihr Kleinkind in die nächste Krankenstation mitzunehmen. Die Krankenstation liegt zwar nicht direkt auf unserem Rückweg, sondern es bedarf eines größeren Umwegs, den Marius – und natürlich auch wir – gerne auf uns nehmen. Das Kind hat eine geschwollene Wange – vermutlich Probleme mit den Zähnen – und die Mutter will das Kind der Krankenschwester vorstellen. Den Rückweg – und das sind mindestens 12 oder vielleicht auch 15 Kilometer – wird sie mit dem Kind im Tragetuch zu Fuß bestreiten müssen.
Dreieinhalb Stunden, nachdem wir heute Morgen aufgebrochen sind, kommen wir wieder im Camp Aussicht an, um sehr viele Eindrücke, Einsichten und Erkenntnisse reicher. Ganz anders als eine Touristenshow lief diese Tour ab, wofür wir sehr dankbar sind. Es stimmt uns nachdenklich und uns ist klar, dass dies die letzte Generation Himba ist, die noch nach althergebrachten Traditionen lebt. In einigen Jahren werden die verschiedenen symbolbehafteten Kleidungsstücke verschwinden und die Frauen werden „modern“ gekleidet sein. Die Frauen werden sich waschen und nicht mehr rot einfärben, die speziellen Frisuren werden verschwinden und sehr viele werden das Kaokoveld verlassen und ihr Glück in Windhoek oder einer anderen Stadt versuchen …
Die nächste Attraktion des heutigen Tages stellt das kleine Wasserbecken an unserem Stellplatz dar. Hunderte Vögel nutzen es als Tränke und Andrea fotografiert, was das Zeug hält. Bei dem Vogelandrang ist das fast schon eine Herkulesaufgabe. Diese und andere Vogel-Bilder wird es nach dem Urlaub unter „Vogelwelt“ auf dieser Homepage zu sehen geben.
Um Fünf sind wir mit Marius verabredet, uns die Mineralien seine Dioptasmine zu erklären. Anschließend schauen wir uns seine Mine an und suchen ein wenig nach den beiden Mineralien Chrysocoll und Dioptas. Wobei „suchen“ nicht ganz zutrifft, denn es wimmelt in der Abraumhalde von schönen Chrysokoll-Steinen und auch ein paar Dioptas -Kristalle sind leicht zu finden. Leider gar nicht zu finden sind die Fledermäuse, die in einem Stollen der Mine zuhause sein sollen. Entweder wir waren im falschen Stollen und haben den richtigen nicht gefunden oder die Fledertiere waren nicht anwesend. Sei’s drum! Auch ohne Fledermäuse war dies ein ereignisreicher Tag mit vielen neuen Eindrücken.
Zum Abendessen gibt es einen Rindfleisch-Gemüse-Eintopf aus dem Potjie. Danach duschen wir unter der Eimer-Dusche mit Wasser, das wir zuvor in einem Mini-Donkey erhitzt haben und dann mit dem Eimer in die Dusche getragen haben. Very basic – nur Wildcampen ist noch einfacher!