Eigentlich wollten wir uns heute Morgen Zeit lassen für Zusammenpacken und Frühstück. Aber da ich um 6:30 Uhr aufwache (der große Wasserfall rauscht nebenan mit ordentlicher Lautstärke), macht Liegenbleiben auch keinen Sinn. Also schnell unter die Dusche, alle Taschen und Koffer wieder ordentlich einräumen und mit PCs und Fotoapparaten im Bushcamper verstauen. Um kurz vor 8 Uhr finden wir uns zum Frühstück auf der Terrasse mit Aussicht auf den Wasserfall ein und um Punkt 9:00 Uhr rollen wir vom Gelände der Epupa Falls Lodge. Es hat uns hier sehr gut gefallen: tolle Unterkunft, zuvorkommender Service und eine sehr gute Köchin. Was will man mehr. Die atemberaubende Aussicht und Umgebung natürlich nicht zu vergessen. Einzig das mehr als dürftige Internet hat uns etwas genervt. Wolfgang hätte geschäftlich zwei, drei Dinge zu regeln gehabt, aber nicht einmal die dafür nötigen Mails kamen durch.
Vor uns liegt eine ca. 260 km lange Fahrstrecke, erst 180 km Richtung Südost nach Opuwo (Hauptstadt und Versorgungszentrum der gesamten Region Kunene / Kaokoveld). Danach weitere 80 km Richtung Süden zu unserer nächsten Unterkunft, dem Camp Aussicht.
Die C43 ist gut präpariert und wir kommen gut voran, wenn auch gefühlt alle 500 Meter eine „Flussdurchfahrt“ angekündigt wird. Die Flüsse fließen natürlich nicht, aber bei vielen Furten muss ich für den Fall der Fälle doch immer das Tempo drosseln, um zu schauen, wie steil es runter und rauf geht. Manche dieser „dips“ können gefährlich sein und bis zum Überschlagen des Wagens führen. Die Landschaft ist (mittlerweile) gewohnt karg: vorwiegend laubfreie Bäume, mal orange, mal graue, mal weiße Erde und wir fragen uns immer wieder: wie können hier Mensch und Tier überleben? Daher haben wir uns vorgenommen, auf unserer Fahrt alle für die Himbas brauchbaren Lebensmittel zu verteilen, sobald Kinder oder Frauen am Straßenrand zu sehen sind. Und so wechseln auf den Kilometern bis Opuwo u.a. Orangen, Äpfel, Nüsse, Wasser, Fruchtsaft und auch unsere guten (deutschen) Salbeibonbons den Besitzer und wir schauen meist in überglückliche, Gesichter. Welch schöne Bescherung.
In Opuwo machen wir im erstbesten Supermarkt Halt, füllen unsere Vorräte für die nächsten zwei Camper-Tage und für das weitere Verteilen von Lebensmitteln auf, tanken sowohl das Auto als auch den Geldbeutel voll und nach einer Stunde Aufenthalt rollen wir weiter Richtung Süden. Auch auf dieser Strecke (D3704) wird noch ein paar Mal „beschert“. Die Landschaft verändert sich zwischendurch, denn es wächst auf einmal gelbliches Gras zwischen den kahlen Bäumen und wir bestaunen einige mächtige Baobabs. Doch dann wird es wieder gewohnt karg.
Als wir endlich am linken Straßenrand das Schild zum Camp Aussicht entdecken, freue ich mich, da ich nun auch mal in den „Genuss“ komme, die 4×4-Qualitäten unseres Campers auszutesten. Denn in der Anfahrtsbeschreibung und in der Straßenkarte wird auf die etwas knifflige Straße hingewiesen. Letztendlich alles halb so wild! Ein paar ausgetrocknete Bachläufe und felsige Abschnitte, aber gut machbar. Von weitem erkennen wir das Camp auf der Spitze eines Hügels, darunter die Dioptas-Mine von Marius Steiner, unserem Gastgeber für die Kommenden zwei Tage. Marius ist ein Deutsch-Namibier der zweiten Generation und heißt uns herzlich willkommen hier „in the middle of nowhere“. Und wie sich herausstellt, sind wir gerade rechtzeitig angekommen, denn die Fütterung der Tokos steht gerade an. Wir haben uns schon gewundert, warum die Bäume rund um das Haupthaus voll der ansonsten eher scheuen Vögel sind. Bei einem kühlen Willkommensbier unterhalten wir uns mit Marius über seine Herkunft (sein Vater ist mit 17 Jahren mit dem Fahrrad aus Deutschland nach Südafrika geradelt. Zwei Jahre hat er dafür gebraucht!) und über die Lebensumstände der Herero und Himbas und seine ganz eigene Sicht dazu.
Anschließend suchen wir uns die in unseren Augen schönste der 6 Campsites oberhalb des Haupthauses aus (wir sind die einzigen Camper und haben freie Platzwahl). Die Ausstattung ist sehr einfach, aber zweckmäßig: jeder Platz verfügt über einen großen Sonnenschutz, eine Grillstelle, eine Eimerdusche und ein Plumpsklo. Alles sehr originell angelegt. Auch wenn wir einen Sonnenschutz haben, sind wir froh, dass es sich bewölkt und die Sonne nicht ganz so gnadenlos herunterbrennt. Wir relaxen ein wenig nach der langen Fahrt und beobachten und fotografieren sehr viele unterschiedliche Vögel, die unsere Wasserstelle als Vogeltränke nutzen. Zum frühen Abendessen grillt Wolfgang Boerewors, dazu gibt es Gemüseeintopf und Knoblauchbrot.
Um 19:30 Uhr sind wir mit Marius nochmal auf seiner Terrasse verabredet, denn dann steht die Fütterung der Stachelschweine an. Unglaublich, dass wir acht der scheuen und nachtaktiven Tiere beim Fressen beobachten können, die sich pünktlich mit Einsetzen der Dunkelheit einfinden. Ein schöner Abschluss dieses Tages.