Little Five Dünentour

Die so genannten „big five“ sind die fünf gefährlichsten Tiere Afrikas, die viele Touristen im südlichen Afrika bevorzugt sichten wollen, nämlich: Löwe, Büffel, Leopard, Elefant und Nashorn. Ganz anders treten verschiedene Anbieter von Aktivitäten in Swakopmund an. Sie führen ihre Gäste zu den „little five“, nämlich fünf interessanten kleinen Tieren, die in den Dünen der Namib leben. Eine solche Exkursion haben wir für heute Vormittag gebucht.

Wir freuen uns, als unser guide uns abholt und sagt, dass wir heute seine einzigen Gäste sind, so dass wir also eine exklusive „private Tour“ mit ihm machen werden. Schnell sind wir am Parkeingang des Dorob Nationalparks, in dem u.a. die Dünen liegen, die die Stadt Swakopmund umgeben. Es ist noch neblig und bewölkt und kalt, als wir gegen 8:30 Uhr dort eintreffen und nach den ersten Tieren Ausschau halten. Aber wonach suchen wir überhaupt?

Zunächst ist es der nachtaktive Namibgecko (Pachydactylus rangei/Palmato Gecko/Schwimmfußgecko), den unser guide aus dem Dünensand ausgräbt. Um „Nummer 1 der little five“ zu finden, musste er sehr gut die Spuren lesen, die das Reptil beim Eingraben in der Nacht zuvor hinterlassen hat. Was er zutage fördert ist ein kleiner (12 – 14 cm) durchscheinender Gecko, der mit unerwarteter Farbgebung überrascht. Aufgrund der durchsichtigen Haut, sehen wir sogar seine Blutgefäße und Organe. Wir bewundern diesen Gecko, der ausschließlich nachtaktiv ist, also nie das Sonnenlicht erblickt, es sei denn er wird von einem Tourguide ausgegraben. An der Sonne könnte er nur etwa eine halbe Stunde überleben, da er keinerlei Schutz gegen die Sonnenstrahlen besitzt. Er hat so etwas wie Schwimmhäute an allen vier Füßen, sicher nicht um besser schwimmen, sondern um sich effektiver im lockeren Sand bewegen und eingraben zu können.

Wir fahren immer wieder ein kleines Stück mit dem Landcruiser, der guide sucht nach Spuren, wir spazieren derweil in den Dünen und genießen die Wüstenlandschaft, an der wir uns nicht sattsehen können. Nach einiger Zeit wird er wieder fündig. Eine graue kleine Eidechse ist auf der grauen Schotterebene bestens getarnt. Nur weil sie sich bewegt, können wir sie entdecken. Unser guide fängt sie ein und zeigt sie uns aus der Nähe und erklärt verschiedene Eigenschaften dieses speziellen, an die Wüste angepassten Reptils.

Die Schaufelschnauzen Eidechse (Meroles anchietae), eine ähnliche Eidechse aus der gleichen Familie, kann er aus dem rotbraunen Wüstensand ausgraben und uns ebenfalls näher vorstellen. Kein Wunder, dass diese Spezies die gleiche Farbe wie der Sand, in dem sie lebt, aufweist. Sie demonstriert uns ihre besondere Überlebensstrategie: wird sie gefangen, beißt sie sich am Fänger fest. Ist das z.B. ein Schakal, dann hängt die Echse am Maul des Schakals, der versuchen wird sie abzuschütteln. Jetzt hängt sie am Finger unseres Tourguides, der sie, sobald sie den Biss löst, auch wieder laufen lässt. Die beiden Eidechsensichtungen zählen wir als Nummer 2 der little five.

Nummer 3 ist eine wüstenadaptierte Blindschleiche (Typhlacontias brevipes/Fitzsimons burrowing skink). Wir sichten ein „riesiges“ Exemplar, das man sonst in dieser Größe kaum sieht: die Schleiche ist mindestens 12 cm lang. Da kann sie es mit unserer heimischen Blindschleiche nicht aufnehmen, aber sie muss ja auch in einer äußerst lebensfeindlichen Umgebung klarkommen und da wäre Größe definitiv ein Nachteil.
PS: Manche zählen dieses Tier nicht zu den „little five“, sondern stattdessen die Afrikanische Radspinne).

Fast könnte man meinen, dass unser guide ein wenig nervös wird, da er „Nummer 4“ nicht finden kann. Dabei handelt es sich um die bis zu 30 cm lange Zwergpuffotter (Bitis peringueyi/Sidewinder Snake), die hier in der Namib lebt. Er sucht und sucht und sucht … Aber es ist Andrea, die dann den guide erlöst, indem sie die Schlange entdeckt, wie sie mit hoher Geschwindigkeit auf sie zuschlängelt, ihr droht, und dann im Sand unter einem Busch verschwindet. So eingegraben sieht man nur noch seine Augen, die aus dem Sand herausragen und die Schwanzspitze, mit der sie vorgibt, ein Insekt zu sein, um damit ihre Beutetiere anzulocken. Um die Schlange genauer zu studieren, wird sie vorsichtig wieder ausgegraben. Einen Biss wollen wir dabei nicht riskieren, denn der hätte sehr unangenehme Folgen.

Leider sind unsere Chancen die Nummer 5 zu entdecken sehr schlecht. Nummer 5 ist ein wüstentaugliches Chamäleon. Diese Tiere sind ohnehin selten, aber sie werden auch von Wilderern erbeutet, die sie zu sehr hohen Preisen auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Corona hat die Lage, was die Wilderei betrifft, deutlich verschärft. Leider wurden auch in diesem Nationalpark Chamäleons gewildert, so dass wir an diesem Morgen keines dieser interessanten Tiere sehen.

Dennoch ist diese „little four Dünentour“ ein voller Erfolg. Wir haben wieder viel gelernt, viel gesehen und erlebt. Man denkt, wenn man sich in die Wüste begibt, dass dies eine sterile, leblose Umgebung sei. Schließlich verbirgt sich das Leben, das hier den widrigen Bedingungen trotzt, sehr gut. Aber mit einem erfahrenen Exkursionsleiter bringt man das Leben in der Wüste ans Licht.

Neben den Tieren, geht der guide auch auf die Pflanzenwelt der Dünenlandschaft ein. Er erklärt uns Hintergründe und Details z.B. zur Nara-Melone, zum „dollarbush“ und zum „pencilbush“. Vor allem die Strategie der Pflanzen, wie sie hier ohne Regen leben können, ist eindrucksvoll.

Um 13 Uhr sind wir zurück in unserem Hotel, das wir aber bald wieder für einen kleinen Fußmarsch am Strand zu einer nahegelegenen Bucht verlassen. Hier wollen wir noch einmal nach Vögeln Ausschau halten. Danach führt unser Spaziergang an der Uferpromenade entlang direkt in ein Café, wo wir uns an einem Rockshandy laben und den Strand und die Sonne genießen.

Letzteres führen wir danach auf der Dachterrasse unseres Hotels fort, bis es uns zu kalt wird und wir in unser Zimmer fliehen, um uns fürs Abendessen zurecht zu machen. Wir dinieren wieder im Namib Restaurant und erfreuen uns an frischen Austern und Wildgerichten zum Hauptgang, sowie Eisbechern zum Dessert.

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