Es ist wieder eine Wanderung angesagt. Das Wanderwegenetz hier in der Umgebung des Glen Reenen Camps ist nicht besonders umfangreich. Wir wählen eine Schleife aus, die verschiedene Routen miteinander verbindet und denken, dass wir diese in vier bis fünf Stunden bewältigen können.
Also brechen wir gleich nach dem Frühstück auf. Es ist etwa 9 Uhr, als wir die Wanderschuhe schnüren und uns auf den Trail machen. Steil geht es bergan, dann kommt ein flacherer Abschnitt bis zum Ausblick auf den Mushroom Rock. Heute gefällt uns die Landschaft viel besser als gestern. Was doch Sonnenschein ausmacht! Es bläst allerdings ein kräftiger böiger Wind.
Weiter führt uns unser Weg in die Höhe, bis wir ein Felsenband erreichen. Da sollen wir hoch? Das sieht aber gar nicht gut aus: mehr oder weniger glatter Fels führt etliche Meter steil empor, es gibt wenige Tritte und die Stahlstangen, die als Sicherung in den Fels getrieben wurden, sind instabil und geben wenig Sicherheit. Die Stelle ist sehr ausgesetzt. Wir sind zwar recht schwindelfrei, aber ein gutes Gefühl hat gerade keiner von uns dabei. Eine bewährte Regel lautet: „gehe nirgends hinauf, wenn du nicht sicher bist, dass du da auch wieder herunterkommst.“ Irgendwie kämen wir da vielleicht hoch, aber wie geht der Weg danach weiter? Wir sind nicht zum Wandern hergekommen, um hier zu stürzen oder gar abzustürzen. Wir wollen morgen gesund und munter nach Hause fliegen. Also endet der Aufstieg genau hier.
Nachdem wir ein Stück des Weges wieder abgestiegen sind, nehmen wir einen Abzweig, um an einer anderen Stelle als zuvor aufzusteigen. Es ist der Weg auf den Wodehouse Peak, auf dem wir jetzt wandern. Wir haben zwar nicht vor, den 2420 Meter hohen Berg zu besteigen, aber bis zu einem Sattel „kraxeln“ wir hinauf, genießen die großartige Aussicht und steigen bald wieder ab ins Tal. Um 12:15 Uhr sind wir wieder im Camp und finden, dass wir aus der Situation das beste gemacht haben und dass es mehr als sinnvoll war, vorsichtig zu sein.
Während der Wanderung ist die Idee gereift, den Reise-Plan für den letzten Urlaubstag in SA zu ändern. Statt hier in Glen Reenen im Golden Gate NP zu bleiben (Gründe sind u.a. affenkaltes, nicht einladendes Häuschen, Bett nur 1,40 m breit, Matratze hart wie Stein), wollen wir schon heute und nicht erst morgen nach Johannesburg fahren. Es sind vier Stunden Fahrzeit, so dass wir noch vor Sonnenuntergang in einem Hotel in Jo’burg einchecken können. Als wir während der Fahrt wieder ins Internet kommen, suchen wir ein Hotel aus. Die Wahl fällt auf das Hallmark House im Stadtteil New Doornfontein. Hier – Downtown Jo’burg – soll man auf keinen Fall auf eigene Faust zu Fuß die Umgebung erkunden – nachts nicht einmal mit dem Auto, aber das stört uns nicht, denn wir wollen nur ankommen, im Hotel auf der Dachterrasse den Sonnenuntergang über der Skyline Jo’burgs bestaunen, im hoteleigenen Restaurant zu Abend essen und dann schlafen gehen. Genau so machen wir es dann auch!
Die Fahrt hierher war für Andrea, die am Steuer saß, alles andere als ein Kinderspiel. Die R57 hat alle paar Meter wahnsinnig tiefe Potholes (Schlaglöcher), denen man ausweichen muss, um keinen Achsschaden zu riskieren. Und das bei einer schmalen Straße mit viel Gegenverkehr. Und immer wieder muss sie LKWs überholen, um einigermaßen zügig voranzukommen. Auch die Stadtautobahnen in Johannesburg mit ihrem dichten Verkehr, sind nicht einfach zu fahren. Andrea hat sich aber fahrerisch sehr gut assimiliert, fährt beim Überholen schon mal über eine Sperrfläche oder überholt zur Not auch mal links.
Bemerkenswert unterwegs war ein Veldbrand, der bis an unsere Straße heranreichte. Abgebrannte Felder haben wir in den letzten Wochen oft gesehen, brennende Felder in der Distanz ebenso. Aber direkt am lodernden Feuer sind wir noch nicht vorbeigefahren. Wir sind erschrocken, wie heiß es im Auto wird. Die Strahlungshitze ist enorm! Der Rauch ist plötzlich so dicht, dass man die Fahrbahn nach 10 Metern nicht mehr sieht. Am liebsten würde man dem Feuer ausweichen und auf die Gegenfahrbahn wechseln, aber das geht natürlich nicht, wenn man vor lauter Rauch nichts mehr sieht. Im wahrsten Sinne des Wortes eine brenzlige Situation.
Südlich von Johannesburg sind wir durch eine Industrieregion gefahren. In Sasolburg wird Kohle in gigantischen Anlagen zu Öl verarbeitet, in Vanderbijlpark wird Stahl gekocht. Neben den Städten, die für die Arbeiter gebaut wurden, befinden sich um ein Vielfaches größere Townships, die von riesigen informal settelments umgeben sind. Die „Städte“ aus Blechhütten nehmen hier gigantische Ausmaße an und je näher wir Jo’burg kommen, desto mehr solcher Townships und squatter settelments sehen wir. Wir sind den Anblick gewohnt, aber es ist doch immer wieder bedrückend zu sehen, unter welchen Umständen die Menschen hier leben. Seit unserer intensiven Erfahrung in Katutura (bei Windhoek) im vergangenen Jahr, haben wir auch eine sehr konkrete Vorstellung über die Lebensumstände in Townships und in den informal settelments.