Albatros und Pinguin

Von Christchurch nach Dunedin (360 km)

Wir sind heute Morgen früh aufgewacht, so dass wir uns schon um 8:20 Uhr auf den Weg nach Dunedin machen können. Bei strahlendem Sonnenschein (endlich!) geht ‘s los — 12 Km durch stockenden Innenstadtverkehr. Nach 45 min. ist es geschafft: wir lassen die Stadtgrenze hinter uns und rollten auf dem State-Highway 1 in Richtung Süden durch die Canterbury-Plains, eine recht langweilige, von abgeernteten Getreidefeldern geprägte Landschaft.

Doch zuerst geht es auch nur drum, Kilometer zu bolzen, denn die Sehenswürdigkeiten warten heute eher am Etappenende auf uns. Das läuft erstaunlich gut, obwohl man auf einem neuseeländischen Highway nur 100 Km/h fahren darf, da er nach deutschen Verhältnissen eine Landstraße ist:
2 – spurig, ab und zu zum gefahrloseren Überholen auf 4 Spuren ausgebaut. Eine kurze Pause legen wir in Oamaru ein, eine wirklich schöne, kleine Stadt, in deren Hauptstraße die besterhaltenen historischen Geschäftsgebäude Neuseelands stehen, erbaut im 19. Jahrhundert im neugotischen Stil. Hier verlassen wir für eine Weile den Highway, um auf einer traumhaften Küstenstraße die atemberaubenden Aussichten zu genießen. Zwischenzeitlich hat sich Wolfgang zum ersten Mal ans Steuer unseres Rechtslenkers gesetzt … und macht seine Sache auch gut. Doch auch er ist nicht gefeit davor, dass er, anstatt den Blinker zu setzen, die Scheibenwischer betätigt (oder umgekehrt). Zum Glück sind diese „Falschfahrer“ nicht auf die Idee gekommen, auch noch die Pedalanordnung umzudrehen, DAS wäre ein Ding!

Leider verlässt uns unser Wetterglück pünktlich beim Eintreffen an einer tollen Sehenswürdigkeit, den Moeraki Boulders. Und so erleben wir diese ungewöhnlichen Felsformationen, die aussehen, als hätten Riesenkinder ihre Murmeln im Sand vergessen, nur bei wolkenverhangenem Himmel.

Entschädigt werden wir dafür mit einem einmaligen Mittagessen in Fleur’s Place, ein von außen eher barackenmäßig anmutendes Gebäude direkt am kleinen Hafen von Moeraki, innen allerdings total urig. Und das Essen … ein Gedicht! Wir entscheiden uns natürlich für absolut fangfrischen Fisch, der morgens noch in den Netzen eines Fischers gezappelt hat.

Nach 360 Km erreichen wir gegen 16:00 Uhr unser Ziel: Dunedin, 1848 von Schotten gegründet, was heute noch an vielen Bauwerken zu erkennen ist. Wir freuen uns auf unser vor Wochen gebuchtes Zimmer in der Pension Grandview, einem stilvollen alten Gebäude oberhalb der Stadt mit herrlichem Blick auf die Hafenbucht und die vorgelagerte Halbinsel Otago. Wir sind dann etwas geschockt, als der Besitzer sagt, dass er keine Buchung von uns vorliegen habe und er für heute ausgebucht sei. Doch er legt sich mächtig ins Zeug, um für uns eine Unterkunft ausfindig zu machen, was nicht so einfach ist, da vor kurzem ein großes Hotel abgebrannt ist und gerade diverse Veranstaltungen in der Stadt sind. Der Ersatz stellt sich dann als absoluter Glücksgriff raus: ein ebenso altehrwürdiges Haus auf der Halbinsel mit umwerfenden Blick auf Strand und Steilküste. Wir haben jedoch keine Zeit, das lange zu genießen, denn auf eben dieser Halbinsel gilt es noch vor dem Sonnenuntergang zwei absolute Highlights der Tierwelt aufzuspüren: zum einen gibt es am nördlichsten Zipfel die weltweit einzige Königsalbatroskolonie am Festland.

Und wir haben Glück: nach zügiger Fahrt auf einer engen, kurvigen, traumhaften Straße über Berge, durch Täler und entlang der Küste sehen wir sie fliegen. Dank des starken Windes wagen sich die Albatrosse in die Luft und sind mit ihren bis zu 3 Metern Flügelspannweite zwischen den andern Seevögeln gut auszumachen. Dann geht es wieder zurück, um am Sandfly Beach ein paar der sehr seltenen Gelbaugenpinguine zu beobachten. Nach dem steilen Abstieg durch eine riesige Düne werden wir von einer älteren Dame in Empfang genommen, die uns erklärt, wie wir uns am Strand verhalten sollen: nicht zu nahe an die dort schlafenden Seelöwen ran gehen (schlafende Seelöwen soll man besser auch nicht wecken) und falls gerade ein Pinguin aus dem Wasser kommt, schnell hinsetzen, damit der kleine Kerl nicht wieder das Weite sucht. Da die Pinguine abends an Land kommen, um ihre Jungen zu füttern, hätte das fatale Folgen. Am anderen Ende des Strandes (auch wieder in der Kategorie „traumhaft“ einzuordnen), ist ein getarnter Beobachtungsstand in die Düne gebaut, von wo aus wir wirklich drei der seltenen Frackträger bei ihrem Landgang beobachten können. Auf dem Rückweg läuft uns allerdings dann wirklich noch ein Gelbaugenpinguin fast vor die Füße, als er aus dem Wasser kommt. Das ist der krönende Abschluss dieses Tages.

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