Heute besuchen wir einen Nebelwald oder – wenn man es genauer spezifizieren möchte – einen Wolkenwald. Am hiesigen Küstengebirge gibt es oft einen Wolkenstau und die Berggipfel sind regelmäßig in Wolken gehüllt. Der Wasserbedarf der Pflanzen wird ganzjährig zu einem Großteil durch Nebel gedeckt. Wir treffen uns nach einem sehr guten Frühstück (6:15) mit unserem Guide Holger (7:00) und fahren in das nahegelegene Biologische Reservat Monteverde. Dabei handelt es sich um ein etwa 10.000 Hektar großes Gebiet mit immergrünen tropischen Wolkenwäldern.
In dem Reservat gibt es mehr als 3000 verschiedene Pflanzenarten, davon allein 755 Baumarten und mehr als 500 Orchideenarten. Auch die Vielzahl an Reptilen- und Amphibienarten ist beeindruckend. Das Reservat bietet zudem vielen Vogelarten, unter anderem dem Quetzal einen Lebensraum. Daher sind wir sehr gespannt, als wir die Parkeintrittsgebühr entrichtet haben und unsere Wanderung durch den Nebelwald startet.
Unser Guide, Holger (ausgesprochen etwa: Ollchär mit der Betonung auf der letzten Silbe), hat zwar einen ur-deutschen Namen ist aber kein Deutscher. Er ist hier in Santa Elena geboren und seine Eltern hatten deutschstämmige Freunde, die meinten, ihr Kind sollte auf den Namen Holger getauft werden. Holger ist bei Kanadiern in Santa Elena aufgewachsen und spricht daher ein ganz gutes Englisch. Sein Wissen über die Natur ist sehr gut – nur es fällt ihm schwer, exakt zu beschreiben WO ein bestimmter Vogel gerade zu sehen ist.
In der ersten Stunde unserer Tour sehen wir sehr wenige Vögel. Holger sagt uns immer wieder, wer das war, der gerade weggeflogen ist und zeigt uns ersatzhalber das Bild des Vogels im Buch „The Birds of Costa Rica“.
Es ist 15 Grad kalt und wir hängen in den Wolken. Kein Wunder: wir sind ja in einem Wolken- oder Nebelwald. Es ist windig und sehr feucht. Regen kann man den Niederschlag nicht nennen, aber rund um uns herum ist definitiv sehr viel Wasser in der Luft.
Die Pflanzenwelt allein schon wäre aber den Besuch des Schutzgebiets wert. Baumriesen mit einer Unzahl von Epiphyten wie Bromelien beeindrucken uns zutiefst. Das satte Grün in allen Schattierungen – fifty shades of green – ist eine Augenweide. Nach und nach kommt etwas blauer Himmel zum Vorschein und der eine oder andere Vogel lässt sich blicken.
Unser größter Sichtungswunsch für heute ist allerdings der Quetzal, ein Vogel, der ausschließlich in den Wolken- und Nebelwäldern Mittelamerikas lebt. Er ist das Wappentier Guatemalas und dort trägt sogar die Währung seinen Namen. Der Quetzal ist durch die Zerstörung seines Lebensraumes stark gefährdet. Eine Sichtung ist alos alles andere als selbstverständlich. Um so glücklicher sind wir, als Holger uns zuerst ein Quetzalweibchen zeigt und meint, dass auch bald das Männchen eintreffen würde. Und so kommt es auch. Leider ziemlich weit entfernt und nur sehr schwer zwischen Ästen und Blättern auszumachen, sehen wir das leuchtendgrüne Tier mit den langen Schwanzfedern (korrekt wäre die Bezeichnung Oberschwanzdecken) und den abstehenden Federn am Kopf. Bei dieser Sichtung halten wir uns lange auf – schließlich ist es ein echter Höhepunkt aus der Sicht eines Birders.
Nach der etwa 4 ½-stündigen Wanderung kommen wir an den Parkausgang. Dort befindet sich auch das „Kolibri Cafe“, auf dessen Terrasse Kolibris mit Zuckerwasser angefüttert werden. Sehr viele Kolibris unterschiedlicher Arten schwirren um uns herum und ziehen uns in ihren Bann. Wir bleiben nicht allzu lange, denn wir beabsichtigen gegen Abend nochmal hierher zu kommen. Zurück am Arco Iris Hotel verabschieden wir uns von Holger. Hier ist es sonnig und 23 Grad (im Schatten) warm. Jetzt ist ein wenig Sonne tanken auf den Liegen in der Hotelanlage angesagt.
Das permanente Vogelgezwitscher motiviert uns aber bald, uns ein wenig umzuschauen. Ein Hotelangestellter gibt uns den Tipp, eine kleine Wanderung auf dem großzügigen Grundstück des Hotels zu unternehmen. Es ist ein wunderbarer Bush-Trail, der uns bergan zu einem Aussichtspunkt mit Sicht weit über die Ebene bis hinunter zum Meer führt. Auf dem Weg sichten wir einen wunderschönen Diademmotmot und einige andere Vogelarten. Eine Ameisenstraße von Blattschneideameisen quert unseren Pfad und am Ende des Rundwegs springt uns sogar ein Aguti über den Weg. (Agutis sind um die 50 cm lange, schwanzlose, schlanke Nagetiere auf dünnen langen Beinen.)
Bald nach der Rückkehr zum Hotel sitzen wir auch schon wieder im Auto auf dem Weg zum Kolibri Cafe. Jetzt genießen wir die vielen Kolibris in vollen Zügen, freuen uns darüber, die kleinen Flugkünstler aus aller nächster Nähe sehen zu können und Andrea macht viele, viele Fotos, aus denen wir die allerschönsten heute Abend noch auswählen werden.
Im „Restaurante Choco Café“ in Monteverde nehmen wir unser Abendessen ein und können dabei den Sonnenuntergang bewundern. Der „Burger nach Art des Hauses“ (A) und die Quesadilla (W) schmecken lecker, ein kühles „Imperial“ haben wir uns heute verdient nur der Espresso ist leider ungenießbar.
Mit dem typischen „Abendprogramm“: Blogtext schreiben und Bilder selektieren schließen wir einen weiteren herrlichen Tag in Costa Rica ab.
Hier noch eine kurze Statistik: in den vergangenen 10 Tagen in CR haben wir über 100 neue Vogelarten gesichtet – etwa so viel wie in den letzten 3 .. 4 Jahren in Deutschland.