Tankwa Karoo

Aus der Halbwüste durch die Wüste

Um kurz nach 10:00 Uhr nehmen wir Abschied von unserem Luxus-Resort Kagga Kamma. Zuvor haben wir flugs unsere sieben Sachen gepackt (das läuft wie am Schnürchen) und nochmals das reichhaltige Frühstücksbuffet incl. dem fully-cooked breakfeast genossen.
Am Rande bemerkt: bereits gestern Abend hat uns Erica bedient, eine junge „Azubi“ in Kagga Kamma, als die sie uns vorgestellt wurde. Wir denken, sie absolvierte ihren ALLERERSTEN Tag, so unbeholfen (aber liebenswert) sie sich anstellte. Beim Frühstück hat sie dann wohl unsere Bestellung verbosselt, weswegen wir 30 Minuten später loskamen. Wir haben sie trotzdem in unser Herz geschlossen. 😉

Während wir also auf das Frühstück warten, tauschen wir uns mit einer sehr netten Familie aus Hamburg über unsere jeweiligen Reiserouten aus und können mit ein paar nützlichen Tipps für die Weinregion Stellenbosch dienen. Aus Kagga Kamma führt uns die Schotterpiste an bizarren Felsformationen vorbei von der Hochebene hinab nach Osten in die Tankwa Karoo.

Vor uns breitet sich ein weites, karges Tal aus, kein Baum, kaum ein Strauch zu sehen. DAS muss Wüste sein. Kurz nachdem wir in der Ebene angekommen sind, biegen wir auf die R355 nach Norden ab, natürlich auch eine Gravel Road, wie alle Straßen hier.

Drei Kilometer weiter gönnen wir uns, obwohl erst eine Stunde unterwegs, eine kurze Rast am Tankwa Padstal, einer kuriosen „Raststätte“ entlang der Nord-Süd-Achse durch die Tankwa Karoo, die man gesehen haben muss. Die „Außenanlage“ wurde mit einem Sammelsurium aus allerlei altem Kram gestaltet: landwirtschaftliches Gerät, Tiergeweihe, alte Zapfsäulen, Fahrradrahmen, Werkzeug. Alles kunterbunt zu einem kuriosen Ganzen zusammengefügt. Ebenso abwechslungsreich ist auch das Innere des Gebäudes, einer Art Gemischtwarenladen, in dem es allen Anschein nach alles gibt, vom selbstgemachten Gingerale über Spielwaren, Kondome bis hin zu Traumfängern. Die sympathische Inhaberin des Lädchens entpuppt sich als wertvolle Informationsquelle für unsere Weiterreise, denn sie nimmt uns unsere Bedenken bzgl. der kürzesten Strecke (berüchtigter Reifenkiller) zu unserem Ziel, dem Tankwa Karoo National Park. In ihren Augen kein Problem, da wir es ja bereits bis hierher ohne Reifenpanne geschafft haben!!!

Also beschließen wir, ihrem Urteil zu vertrauen und nicht den eigentlich geplanten größeren Umweg zu fahren. Und sie sollte Recht behalten: als wir nach gut 20 Km Richtung Osten auf eine untergeordnete Straße abbiegen, finden wir diese Schotterpiste ebenso gut präpariert vor, wie die größere zuvor. Und wie zuvor auch, fahren wir mit gemütlichen 60 km/h unserem Ziel entgegen. So eine gediegene Reisegeschwindigkeit hat den Vorteil, der Landschaft viel Aufmerksamkeit widmen zu können. Vor und neben uns erstrecken sich karge Bergrücken, davor Wüste: allenfalls vereinzeltes, niederes Strauchwerk und dazwischen trockener, sandiger Boden. Öde, sicherlich, aber auf seine Art einmalig schön!

Wir schmunzeln über Verkehrszeichen wie „Achtung Springbock“, keinen Kilometer drauf springt ein solcher vor uns über den Fahrweg. Leider kann ich nur noch sein Hinterteil fotografieren. Auch das Verkehrszeichen „Achtung Antilope“ hat seine Berechtigung: wir waren einer Oryxantilope noch nie so nahe, wie jener, die keine zwei Minuten später am Straßenrand steht. Insgeheim hoffen wir auf eine Fortsetzung dieser Reihung, denn das nächste Verkehrsschild warnt vor Raubkatzen! Von denen lässt sich aber leider keine blicken.

Dafür können wir mehrmals kleine Sandtornados bestaunen, die sich 30 bis 50 Meter in die Lüfte schrauben. Ein tolles Schauspiel – viel cooler, als es sich in Fotos festhalten lässt.

Nach 120 Km Fahrt sind wir fast am Ziel: im Roodewerf Office, der zentralen Parkverwaltung, melden wir uns an und bekommen die genaue Wegbeschreibung zu unserer Unterkunft, dem Elandsberg Wilderness Camp. Weitere 15 Kilometer später sehen wir die in die karge Landschaft (wir befinden uns nun wieder „nur“ in einer Halbwüste) eingebetteten Häuschen, 10 Stück an der Zahl, immer in gebührendem Abstand zueinander, und stellen fest, dass wir keinen Schlüssel zum Haus haben.

Schon wird deutlich, was es heißt, nicht einfach irgendwo anrufen zu können (kein Funknetz), aber zum Glück gibt es das Nottelefon, ein Funkgerät am Wegesrand, mittels dem Wolfgang mit der Parkleitung Kontakt aufnehmen kann. Bis ein Kurier uns den Schlüssel bringt, setzen wir uns auf die große Terrasse unseres Hauses, genießen die Ruhe und den fantastischen Ausblick, beobachten die unzähligen unbekannten Vögel, die ihren Durst an unserem kleinen (aber tiefen) Pool löschen und stillen unseren Hunger, es ist bereits 14:30 Uhr, mit der „Allzweckwaffe“ Biltong und Nüssen.

Als wir eine halbe Stunde später dann endlich unsere Unterkunft betreten können, sind wir bass erstaunt ob des Komforts, die sie uns bietet. Die Häuser der Anlage müssen frisch renoviert worden sein, denn wir waren darauf eingestellt, ohne elektrisches Licht auskommen zu müssen (wir hatten Kerzenvorrat vorab gekauft), das Wasser mittels eines Feuers in einem „Dunky“ selbst zu erwärmen und, und, und … Die stilvolle – wenngleich schlichte – Gestaltung des geräumigen Hauses macht uns sprachlos, ebenso wie der wunderbare Blick aus den vielen großen Fenstern in jedem Raum.

Schnell sind unsere Sachen verräumt, die Lebensmittel incl. Wein kalt gestellt. Wir nehmen ein erfrischendes Bad (Außentemperatur 30°C) in unserem kleinen Pool, relaxen auf der Terrasse und genießen die Stille. Während Wolfgang das Abendessen auf dem kuriosen Gasherd  und dem Außengrill zubereitet, fange ich an, die Bilder zu sichten und die Erlebnisse des Tages niederzuschreiben. Leider werde ich heute Abend wohl keine weiteren spektakulären Aufnahmen der Milchstraße machen können, denn der Himmel hat sich zunehmend dicht bewölkt. Doch als kleine Wiedergutmachung sorgen die Wolken in Verbindung mit der untergehenden Sonne für ein atemberaubendes Farbenspektakel. Welch ein fulminanter Abschluss für einen einzigartigen Tag!

PS: wie abgelegen dieser Nationalpark ist, erkennt man leicht daran, dass wir auf dem gesamten Weg hier her (140 km) nur zwei andere Autos gesehen haben. Wann hat man das schon einmal erlebt?

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