Franschoek Wine Tram

Nach einem wunderbaren Frühstück auf der Veranda unseres „Corner House“ gehen wir in die Stadt. Will heißen: 5 Minuten gemütliches Bummeln entlang teils idyllischer Einfamilienhäuschen und wir treffen bereits auf die Hauptstraße von Franschhoek. Diese punktet mit ihren vielen Restaurants, Cafés, Boutiquen und Galerien, die allesamt einen leicht französischen Charme versprühen und zum Verweilen einladen.
Der „Franzosenwinkel“, wie Franschhoek übersetzt heißt, verdankt seinen Namen einer Gruppe von rund 200 Hugenotten, die sich Ende des 17. Jahrhunderts hier niederließen. Die Winzer unter ihnen erkannten sehr bald, dass sich die Gegend hervorragend zum Weinbau eignet. Franschhoek liegt nämlich geschützt zwischen den Bergen Groot Drakenstein und dem Simonsberg und daher herrscht ein recht mildes Klima. Das Franschhoek-Tal erinnert uns entfernt an Südtirol.


Mittlerweile hat sich die Gegend zu den bedeutendsten Weinanbaugebieten Südafrikas mit über 30 Weingütern entwickelt, die sehr viele Spitzenweine hervorbringen. Einige davon wollen wir heute probieren. Gut, dass vor einigen Jahren jemand die clevere Idee hatte, den Touristen einen ganz speziellen Fahrdienst zu den Weingütern anzubieten: mit der „Wine Tram“, einer alten (1923), doppelstöckigen Straßenbahn und mehreren Bussen im selben Design, die das Bindeglied zu den einzelnen Weingütern sind, kann man auf acht Routen mit jeweils 7 bis 8 Stopps insgesamt 26 Weingüter anfahren!

Man ist gut beraten, sich vorab zu orientieren, welche Weingüter man besichtigen und deren Weine verkosten will – und vor allem, sich vorzeitig anzumelden. Obwohl keine Hauptsaison mehr ist, ist unsere Wunschtour um 10:05 und auch die um 10:40 Uhr bereits ausgebucht. Egal, dann starten wir halt erst um 11:15 Uhr und können somit „nur“ noch drei Weingüter anfahren (außer, wir würden jedes Tasting binnen 30 Minuten durchziehen).

Die Zeit bis zur Abfahrt verbringen wir mit Bummeln auf der Mainroad und Auskundschaften, in welchem Lokal wir heute Abend essen gehen werden.
Am Sammelplatz für die Wein-Touren werden die anwesenden Weinliebhaber überpünktlich abgeholt und auf die jeweiligen Busse verteilt. Wir fahren gut 20 Minuten, bis wir zunächst in einen anderen Bus umsteigen und von Manda in Empfang genommen werden, einem sehr engagierten und gut informierten Tourguide, der zu jedem Weingut, das auf der Route liegt, interessante Hintergrundinformationen hat, aber auch mit markigen Sprüchen und mit viel Witz für gute Stimmung sorgt.

Wir wählen das Weingut „Solms Delta“ für unseren ersten Stopp aus. Dieses besticht nicht gerade durch übermäßig stylische Optik, wenn auch einige historische Gebäude auf dem Gelände stehen. Aber die Weine gefallen uns gut bis sehr gut und werden auch mit viel Sachverstand präsentiert. Die Verkostungen selbst stellt euch Wolfgang im Detail unter der Rubrik „Weinland-Südafrika“ vor.

Nach 70 Minuten besteigen wir wieder unseren Bus, um zum Weingut „Boschendal“ zu gelangen. Dieses haben wir bereits 2015 besucht, hatten damals aber auf eine Weinprobe verzichtet, weil zu früh am Morgen. Stattdessen hatte uns damals das wunderschön angelegte Anwesen mit seinen historischen Gebäuden und der stimmigen Gestaltung begeistert. Heute fahren wir überraschenderweise aber in einen ganz anderen Bereich des Weingutes (das RIESIG ist) und steigen vor einer kleinen Parkanlage mit Picknickbereich und Rosengarten aus, an deren Ende sich das historischen Haupthaus vor der der markanten Bergkulisse abhebt. Im Halbschatten einer riesigen, uralten Eiche lassen wir uns auf nostalgisch anmutenden Gartenmöbeln nieder und ordern das Tasting unserer Wahl . Um dem Alkohol wenigstens ein wenig die Durchschlagskraft zu nehmen, bestellen wir zusätzlich eine Käse-/ Biltong-Platte. Dieser Snack fällt gegen die hervorragenden Weine und das wunderbare Ambiente leider ziemlich ab: vier verschiedene Käsesorten, lieblos auf einem Vesperbrett aufgereiht, in Zellophan eingeschweißte Kräcker dazu und etwas vom typischen Trockenfleisch dazugehäufelt – DAS GEHT BESSER und ansprechender, wie wir bereits mehrfach erfahren durften. Dafür punktet unser Sommelier mit profundem Wissen und lässt sogar einen zusätzlichen Wein der Extraklasse als „Zwischengang“ rausspringen.  Wunderbar!

Als wir nach gut 1 ½ Stunden Boschendal verlassen, bin ich platt: trotz der vergleichsweise geringen Menge Alkohol, hinterlässt dieser doch seine Wirkung.

Vom Bus steigen wir nun im in die nostalgische Tram, genießen die Aussicht vom Hochdeck auf die Landschaft mit dem charakteristischen Simonsberg und steigen bei letzten Weingut unserer Wahl aus, „Plaisir de Merle“. Das Anwesen ist wunderbar gelegen am Fuße des Simonsberg, die Szenerie ist wieder bestimmt von den typischen weißen, kapholländischen Herrenhäusern, einem liebevoll angelegten Garten und alten, hohen Bäumen, unter denen kleine Sitzgruppen zum Verweilen einladen.

Zu den 4 Weinen, die wir für die Verkostung ausgesucht haben, bestellen wir nochmals eine Käseplatte (wunderbar angerichtet), sind dann aber von den Weinen nicht so richtig überzeugt. Das liegt auch daran, dass – wie häufiger in Südafrika – die Rotweine viel zu warm ausgeschenkt werden. Das sollte doch zumindest beim Erzeuger nicht passieren! Die weitverbreitete, falsche Meinung „Rotwein darf nicht gekühlt werden“ wirkt sich gerade in Südafrika fatal aus. Wir wollen doch keinen Glühwein trinken! Unsere Sommelière reagiert super auf unsere Kritik und bringt uns die Weine unserer Wahl nun korrekt temperiert.
Nach einer guten Stunde geht es zurück mit der Tram, dann mit dem Bus nach Franschhoek. Unsere Mitreisenden haben teilweise ganz schön Schlagseite, ich bin wieder fit.

Bei unserer Unterkunft angekommen, legen wir uns eine Weile an den Pool, lesen, halten ein Nickerchen, zum Baden ist es leider ein wenig frisch.
Zum Abendessen gehen wir in das „Le Bon Vivant“, bekannt für seine erstklassige Küche. Und leider bekommen wir zu unserem Wildgericht (Springbock, wunderbar zubereitet) den Pinotage viel zu warm serviert. Und auch hier reagiert die Bedienung souverän, nimmt die geöffnete warme Flasche mit und bringt eine gekühlte Flasche. Na also: geht doch! In Zukunft werden wir vor dem Öffnen der Flasche die Temperatur prüfen.

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