Wüstenelefanten

Ein neuer Tag bricht an in Namibia. Wir sind ausgeschlafen, wenngleich keiner von uns beiden wirklich gut durchgeschlafen hat. Sind wir schon so sehr an das Schlafen im Bushcamper gewöhnt? In der Nacht wird es auch hier am Brandberg recht kühl, aber schon zum Frühstück um 7:30 Uhr herrschen angenehme 22 Grad. Auch heute Morgen haben wir die große Terrasse ganz für uns allein, denn (leider) sind wir wieder die einzigen Frühstücksgäste.

Um acht Uhr wollen wir uns mit Calvin treffen und mit ihm die Suche nach den Wüstenelefanten starten. Heute kommt er mit einem moderneren Toyota Safari-Geländewagen, nicht mit der alten „Merzedes-Lady“ von gestern. Daher kommen wir heute viel schneller im Trockenflusstal des Ugab voran. Schon nach vielleicht einer Viertelstunde freuen wir uns riesig über die erste Sichtung. Nein – keine Elefanten, sondern Giraffen. Die Giraffen, die hier heimisch sind, unterscheiden sich von anderen Giraffen durch eine hellere Färbung, schlankeren Körperbau und geringere Größe. Wüstengiraffen eben!

Heute im Morgenlicht sieht die Landschaft verändert aus, obwohl wir eine ganz ähnliche Strecke wie gestern Abend fahren. Es herrschen andere Farben vor und wir sehen die Umgebung vielleicht auch mit etwas anderen Augen.

Spannend wird es, als Calvin zum ersten Mal auf frischen Elefanten-Dung stößt und auch sehr frische Fußspuren zu erkennen sind, die eindeutig von einem Elefanten stammen. Dem will er dann aber doch nicht nachgehen, da es sich nur um einen Einzelgänger handelt.

Calvin sucht nach einer größeren Gruppe Elefanten und hat eine Vorstellung davon, wo sie sich aufhalten könnte. Dazu fahren wir immer weiter ins Ugab-Tal hinein. Wieder sehen wir größere Mengen von frischen „Hinterlassenschaften“ von Elefanten. Die schiere Menge an frischem Kot lässt darauf deuten, dass wir von einer Herde nicht mehr weit entfernt sein können. Und da! Andrea entdeckt einen Dickhäuter im dichten Gebüsch. Calvin bestätigt die Sichtung und dirigiert den Toyota in die entsprechende Richtung. Als wir näherkommen, sehen wir weitere Wüstenelefanten, die vom reichlich vorhandenen Grünzeug der Bäume fressen.

Wir sind auf eine Gruppe von zwei Bullen, mehreren Muttertieren und Jungen getroffen. Insgesamt handelt es sich um 12 Tiere. Die Wüstenelefanten leben hier unter sehr schwierigen Bedingungen: wenig Wasser, wenig Futter, große Hitze, manchmal sogar Sandstürme. Das hat bei den Tieren zu einer Anpassung an den Lebensraum geführt, nämlich einer geringeren Größe, kleineren Stoßzähnen und zu deutlich größeren Füßen, damit sie im Sand besser gehen können.

Wir freuen uns riesig über diesen Anblick und wissen, dass es nicht selbstverständlich ist, diese speziellen Elefanten überhaupt zu Gesicht zu bekommen. Calvin fährt immer wieder neue Positionen an, damit wir die verstreuten Gruppenmitglieder aus verschiedenen Winkeln gut sehen können. Zeitweise nähern wir uns ihnen bis auf wenige Meter. Obwohl es wilde Tiere sind, kennen sie die Safari-Fahrzeuge und die sanftmütigen Riesen haben kein Problem mit den Menschen.

Nach etwa einer Stunde machen wir uns auf die Rückfahrt. Calvin wählt eine andere Route als auf dem Hinweg und wir können viele neue Landschaftseindrücke genießen. Und welch ein Sichtungsglück: wir stoßen auf eine weitere Gruppe von sechs Elefantenbullen! Der größte von Ihnen hat nach Wasser gegraben und fördert mit seinem Rüssel das kühle Nass aus dem Sand hervor. Er spritzt es in sein Maul, manchmal pustet er eine Wasserfontäne über seinen Rücken oder er spritzt seine Artgenossen an. Trinken dürfen die anderen aus „seinem“ Wasserloch aber erst, wenn er fertig ist. Das erleben wir nicht mehr mit, denn dem Alten wird es zu bunt. Seine „Kollegen“ sind ihm zu sehr auf die Pelle gerückt, was ihm überhaupt nicht gefällt. Er trötet so laut, dass wir – genau wie die anderen Elefantenbullen – erschrecken. Er spreizt die Ohren weit ab und startet einen Scheinangriff auf seine Artgenossen. Calvin reagiert sofort, startet den Wagen und bringt uns aus der Gefahrenzone, denn wir wollen nicht in die Schusslinie dieser Auseinandersetzung geraten. Der Posaunenstoß des alten Bullen ist für uns dann auch gleichzeitig das Signal, endgültig den Rückweg anzutreten.

Der Rest des Tages ist schnell beschrieben: Baden im Pool (wieder keine anderen Gäste), ein Drink von der Bar, Relaxen pur, Bilder sichten, Text schreiben, Dinner und dann unters Moskitonetz zu hoffentlich erholsamem Nachtschlaf und Träumen von Wüstenelefanten.

Was für ein toller, erlebnisreicher Tag am Brandberg!  Morgen geht die Reise weiter und wir freuen uns schon heute auf weitere faszinierende Eindrücke und Erlebnisse. Möge vor allem die „Sichtungsfee“ uns treu bleiben. Heute war sie es zu 100%.

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